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Bei genauerem Studium unter Zuhilfenahme der wenigen nicht baulichen Urkunden und Nachrichten, lassen sich jedoch auch genauere Zeitgrenzen festsetzen, und über die Gestaltung der älteren Anlagen sichere Ergebnisse erzielen.

I. Periode — circa 1150.

Dass in Breisach, welches bereits im 7. Jh. neben Zabern und Strassburg als einzige Stadt des Elsasses genannt wird, und dessen frühe, grosse Bedeutung trotz mangelnder Nachrichten ‘doch an der Macht des Auftretens nach Zeiten der Dunkelheit erkannt werden kann’, schon in den allerfrühesten Zeiten eine Kirche bestanden hat, muss als sicher angenommen werden, wenn auch dabei wahrscheinlich nur an einen geringen, vielleicht sogar theilweise nur hölzernen Bau gedacht werden darf.

In dem Herzogthum Schwaben, das nach Herzog Rudolfs Ernennung zum Gegenkönig 1077 aus dem westlichen Theile des alten Herzogthums Allemanien gebildet wurde, war Breisach zusammen mit Zürich Hauptstadt und Münzstätte; aber auch die Herzöge Allemaniens scheinen häufig zu Breisach, wo sie ebenfalls Münzen schlugen, residirt zu haben, und dass man bereits damals der offenbar hervorragend befestigten Stadt grosse Bedeutung zumass, beweist ihre Belagerung durch Otto I (939, 942) und die grosse Freude des Kaisers, als sich die Bürger nach dem Tode Eberhards freiwillig ergaben.

Das alles, dann aber auch die so frühen Beziehungen Breisachs zu den Bischofssitzen Strassburg und Basel, lassen die Vermuthung nicht allzu gewagt erscheinen, dass bereits um 900, zur Zeit der Allemanenherzoge, in der durch die Stärke ihrer Befestigungen berühmten Stadt nicht mehr das unscheinbare, vielleicht hölzerne Gotteshaus bestand, sondern dass damals schon ein monumentales, in Stein errichtetes Münster den hochragenden Kirchberg krönte. Unterstützt wird diese Annahme weiter nicht unwesentlich durch in der Stadt unter Herzog Hermann I geprägte Münzen, von denen bereits eine, gleich wie später fast simmtliche Münzen der Stadt zwischen den Buchstaben PRI—SIAC deutlichst eine Tempelkuppel zeigt. Wenn auch im Grossen und Ganzen aus Münzen und Siegeln auf die bauliche Beschaffenheit der auf ihnen dargestellten Kirchen etc. nichts Zuverlässiges geschlossen werden kann, so erscheint doch hier die Bezeichnung Breisachs durch eine Domkuppel darauf hinzudeuten, dass in der Bergstadt schon länger ein grösseres, monumentales und als solches bekanntes Kirchengebäude stand; sonst hätte man doch wohl für die hervorragende Festung, die nicht Bischofssitz war, eine andere Bezeichnung, vielleicht die Darstellung eines festen Thores oder Thurmes gewählte Es kann demnach als sicher angenommen werden, dass Breisach zur Zeit Herzog Hermanns I (dem das Herzogthum durch König Heinrich (919 bis 936) verliehen worden war und der 948 starb, also innerhalb der Jahre 936 bis 948 regierte), bereits eine grössere Domkirche besass, eine Behauptung, die allerdings bei Betrachtung der damaligen, unruhigen und schwankenden, zu grossen Bauunternehmungen völlig ungeeigneten Zeitverhältnisse etwas an Wahrscheinlichkeit verliert, jedoch gewinnt, wenn wir die Bauzeit noch weiter zurückverlegen bis in die Zeiten Karls des Dicken (876 bis 888). Denn damals trat, nach den Kämpfen und Wirrnissen, Pestepidemien und schrecklichen Naturereignissen unter Ludwig des Deutschen Regierung, namentlich für das von Karl besonders geliebte Allemanien, eine Zeit der Ruhe und Erholung ein, da in einem letzten Aufflackern von Glanz und Macht noch einmal fast die ganze Herrschaft Karls des Grossen

Empfohlene Zitierweise:
Franz Xaver Kraus: Die Kunstdenkmäler des Grossherzogthums Baden. Band 6. Jacob Christian Benjamin Mohr, Tübingen und Leipzig 1904, Seite 42. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Kunstdenkm%C3%A4ler_Baden_6_068.jpg&oldid=- (Version vom 26.3.2023)