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Baum hängen, so ist er doch noch nicht dein, es hängt ein Ring davor, durch den muß einer die Hand stecken, der den Apfel erreichen und abbrechen will und das ist noch keinem geglückt.“ „O, das ist mir aufgehoben, sprach der Königssohn, mir solls schon glücken.“

Da nahm er Abschied von dem Riesen, ging fort über Berg und Thal durch Felder und Wälder, bis er endlich den Wundergarten fand. Die Thiere lagen rings herum, aber sie hatten die Köpfe gesenkt und schliefen. Sie erwachten auch nicht und er stieg über sie weg und an dem Gitter hinan und kam glücklich in den Garten. Da sah er mitten inne den Baum des Lebens stehen und die rothen Aepfel leuchteten an den Aesten. Er kletterte an dem Stamm in die Höhe und wie er nach einem Apfel reichen wollte, sah er einen Ring davor hängen, aber er konnte ohne Mühe seine Hand durchstecken und den Apfel brechen. Der Ring aber blieb an seinem Arme fest hängen und der Königssohn fühlte auf einmal eine solche Kraft darin, daß er merkte, er würde jetzt alles bändigen können; diese Kraft verlieh ihm aber der Ring. Als er von dem Baum herabgestiegen war, wollte er nicht über das Gitter klettern, sondern faßte das große Thor, schüttelte einmal daran und es sprang mit Krachen vor ihm auf. Da ging er hinaus und der Löwe, der davor gelegen hatte, war wach geworden und sprang ihm nach, aber nicht in Wuth und Wildheit, sondern er folgte ihm demüthig als seinem Herrn, gehorchte ihm und wollte seine Spur nicht wieder verlassen.

Empfohlene Zitierweise:
Brüder Grimm: Kinder- und Haus-Märchen Band 2 (1819). Berlin: G. Reimer, 1819, Seite 166. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Kinder_und_Hausm%C3%A4rchen_Grimm_1819_V2_166.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)