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des großen Planes der Germania illustrata erscheinen. Aber das Buch bietet doch etwas anderes, als etwa Bartholomäus Steins Beschreibung Schlesiens und Glareans Beschreibung der Schweiz. Schon daß es seinen Ausgangspunkt von einer Vita sancti Leopoldi nimmt und daran eine urkundlich belegte Genealogie der Babenberger[1] und Habsburger schließt, gibt dem Werke seinen besonderen Charakter. Auch daß Cuspinian das Büchlein mit seiner Ausgabe des Matthias von Neuenburg, dieser Hauptquelle habsburgischer Geschichte, zusammenschloß, verdient Beachtung. Cuspinian steht ganz in den geographischen Interessen der Wiener Schule, „meus aestuat animus in Cosmographia“, schreibt er 1512 an Aldus Manutius[2], aber in der Austria ist er jedenfalls nicht vom Geographischen zum Genealogischen gelangt, wie Celtis, sondern umgekehrt. Und auch das Geographische bei ihm hat besonderen Charakter. Enea Silvio hat ihn hier nur insofern beeinflußt, als er dessen unsystematischer Arbeit eine systematische gegenüberzustellen sucht[3], und wenn wir sehen, daß in dieser Systematik neben den eigentlich geographischen Partien der breiteste Raum solchen zugewiesen ist, die wir wohl am besten als staatsrechtliche bezeichnen können – quo pacto publica comitia fiant, quoties princeps omnes suos subditos convocet ex quatuor ordinibus provincialium, quis ordo servetur in tractandis negotiis – so werden wir an Maximilians Plan erinnert, ein Buch machen zu lassen, „wie ein fürst die stet in den österreichischen landen regieren soll“.[4] Die Austria Cuspinians ist bereits eine Landesbeschreibung im Sinne des neuen Fürstentums, das die Kraft seiner Lande rechnerisch und politisch überschlägt. Sie gehört aber, obgleich erst 1528 geschrieben, doch noch in den Kreis der von Maximilian veranlaßten Unternehmungen, wie auch die Karte Österreichs, die ihm beigegeben werden sollte, direkt auf die Anregungen des Kaisers zurückgeht.[5]


Überblicken wir nochmals den Kreis der Werke, die wir direkt auf die Gedanken Maximilians zurückführen konnten, so wird er uns auch in seiner Verengung nicht unfruchtbar erscheinen. Aber Maximilians Bedeutung für die humanistische Geschichtschreibung liegt doch nicht darin beschlossen, daß er dieses oder jenes Werk veranlaßt, dieser oder jener Bestrebung sich freundlich gezeigt hat. Wenn wir den älteren deutschen Humanismus zumeist in einer von Petrarka stammenden Weltschmerzstimmung fanden, die dem Ende der Zeiten zuzueilen glaubte, und dann mit der Wende des Jahrhunderts einen fast


  1. [298] 89) Diese beruht, wie Oefele, SS. rer. Boicarum II, 559 bemerkt, größtenteils auf Suntheims Kollektaneen.
  2. [298] 90) P. de Nolhac, Les correspondants d’Alde Manuce (Studi e documenti di storia e diritto 1887) 276 ff.
  3. [299] 91) Austria 54: Superest itaque, ut hanc regionem Austriae, unde nomen sortita est, quibus finibus claudatur, quantum pateat, cum suis partibus nunc ostendam, et situm in ea urbis Viennensis, caput regionis, cum aliis lectu dignis posteritati tradam, non obstante idem olim Aeneam Sylvium, summum pontificem, ante me tentasse quidem; sed quid ipse adiecerim, alii iudicent. Imperfectum enim opus, cui titulum dedit Austria, reliquit, et in descriptione urbis Viennensis, dum situm et ordinem urbis cum plerisque antiquitatibus, quae illic reperirentur, obmisit, longe lateque erravit, in plerisque vero etiam scopum non, ut debuit, assecutus est, alio tendens quam quod coepit.
  4. [299] 92) Laschitzer im Jahrbuch l. c. VII, 2.
  5. [299] 93) Oberhummer u. Wieser, Wolfgang Lazius Karten der österreichischen Lande 18 ff.