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Staufern hat ihn weder ihr Kampf gegen die Kirche noch der gegen Italien in seinem Streben nach Unparteilichkeit wankend gemacht, selbst Sigismund möchte er den Karlen und Ottonen gleichsetzen, wenn er zu den Künsten des Friedens, in denen er hervorragte, auch Glück im Kriege gehabt hätte.

Aber Gesinnung und Stil sind denn auch das Beste an dem Werkchen, für die historische Erkenntnis war der Fortschritt gering. Egnatius betonte zwar eifrig, daß er über die Einnahme Roms durch Alarich dem Prokop mehr als Biondo entnommen habe, daß er für die Byzantiner als erster Zonaras, Niketas Choniates und Christodulos heranziehe, aber im übrigen geht er auf gebahnten Wegen. In dem Abschnitt, wo wir ihn mit Leto vergleichen können, ist dieser ihm weit überlegen, und es stimmt nicht günstig für Egnatius, daß er trotz offenbarer Abhängigkeit von seinem größeren Vorgänger ihn niemals nannte.[1]

Speziell für die deutsche Geschichte beruht er überwiegend auf Biondo, Platina und Enea Silvio, also denselben Quellen, die der Geschichtsabriß von Murrho-Wimpfeling bot; es scheint sogar, als habe er diesen selbst herangezogen,[2] Kritik ist seine Sache nicht. Nur wo ihm andere vorgearbeitet haben, wie bei der Taufe Konstantins und seiner Schenkung, äußert er bedächtige Zweifel, anderes, wie das dreijährige Interregnum zwischen Heinrich II. und Konrad II. oder die Ermordung Friedrichs II. durch Manfred, hat ihm kein Bedenken erregt, den Seesieg der Venetianer über Otto, den Sohn Barbarossas, vermag er nicht preiszugeben, „etsi scriptorum variet fides“.

Das Buch des Egnatius ist als ganz frische literarische Neuigkeit durch Ulrich von Hutten noch im Jahre des Erscheinens nach Deutschland gekommen, Egnatius hielt es für geeignet, sich dadurch dem Erasmus zu empfehlen. Er blieb mit deutschen Humanisten in enger Verbindung, so mit denen des Basler Kreises, Beatus Rhenanus, Glarean, auch mit Zasius, besonders aber mit Pirckheimer, der ihm die Gründe der Blüte und des Verfalls deutscher Reichsstädte auseinandersetzte und bei dem Italiener in hohem Ansehen stand.[3] Aber wir bemerken nicht, daß die Caesares in Deutschland gewirkt haben, höchstens daß man gelegentlich das Urteil des Egnatius über deutsche Kaiser als das eines lobenden Ausländers zitiert oder auch trotz seiner Bemühungen als ungerecht empfindet.[4] Nicht einmal Johann Huttich hat sich dadurch abhalten lassen, 1526 sein in Inhalt und Form ziemlich ähnliches Kompendium herauszugeben.[5] Die Absichten Peutingers und Cuspinians gingen von vornherein weiter und tiefer.


  1. [290] 34) Schon für den Einschub Maomethis ortus unter Heraclius ist Leto Vorbild.
  2. [290] 35) Er bringt, wie dieser, den Landfrieden unter Konrad II. sub initio imperii und hat in der Charakteristik Heinrichs IV. dieselbe nicht auf Platina, sondern auf Wilhelm von Malmsbury beruhende Stelle: nemo collatis signis ad hanc diem pluries cum hoste conflixit, quippe qui Marcum Marcellum et Caesarem Dictatorem supergressus bis et sexagies pugnavit; vgl. die Epitome c. 29. Wenn der Vergleich mit Marcellus und Caesar, der bei Wilhelm nicht steht, [291] auf Wimpfelings Rechnung kommt, so ist die Benützung erwiesen. Auch die Stelle über Friedrich Barbarossa: Pessimo iam pridem exemplo pontificiae cum imperatoribus contentiones inoleverant, dum pontifices imperatoriam maiestatem, quam illi suo suffragio ratam facerent, contemptim paene habebant, et Romani principes ambitionem in sacerdote praeposteram aequo animo ferre non possunt. Unde omnium malorum fons et origo his inter se decertantibus, quorum ope et concordia res Christiana florere diutissime potuit ist mit Epitome c. 32 Schluß zu vergleichen.
  3. [291] 36) Hutteni Opp. I, 146 ff. Hutten an Erasmus 1517 juli 21. Ibid. 135 Egnatius an Erasmus 1517 juni 21. Aus dem Briefwechsel des Erasmus ergibt sich, daß Egnatius mit den Genossen des Basler Kreises Beatus Rhenanus, Glarean, auch mit Zasius befreundet war.
  4. [291] 37) Vorrede zur ersten Ausgabe des Defensor pacis von 1522 (sie ist wie der Brief Hummelbergs bei Lotter-Veith, Vita Peutingeri 198 zeigt, von Hermann v. d. Busche, nicht, wie man vermutet hat, von Rhenanus): Ludwig der Baier sei, wie auch Egnatius zugebe, ob nullum gravius delictum, quam quod citra Joannis assensum appellationem imperatoris sibi usurpare sustinuerit, von den Päpsten bekämpft worden. Dagegen temperamentvolle Polemik Huttens gegen die Darstellung des Investiturstreits bei Egnatius in der Vorrede zu De unitate ecclesiae conservanda (Opp. I, 332).
  5. [291] 38) Besprochen von Bauch in AHessG. N. F. V, 68 ff. Die Ausgabe Consules Romani von 1533, die unter seinem Namen geht, ist nach der Vorrede des Druckers nicht von ihm. Die Imperatores sind eine recht schwache Leistung, die Huttichs sonstige umfangreiche Studien nicht erkennen läßt. Die römische Kaiserreihe zeigt starke Vorliebe für den von Buch zu Buch geschleppten Anekdotenkram. Die Ähnlichkeit mit Egnatius tritt z. B. bei Arnulf und den Ottonen deutlich hervor. Originelles findet sich nur etwa bei Justinian (Abneigung gegen die Juristen), Heinrich IV. und V. (antipäpstlich), Ludwig d. Baiern (Polemik gegen die Italici scriptores). Der Artikel über Friedrich III. ist ein Muster unsinniger Schmeichelei. Von Maximilian heißt es: desuetam militiae Germaniam iterum armis assuefecit, pace tamen nihilominus praeclarior.