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mit diesen Werken und mit der ganzen Geschichtschreibung Aventins wird von ihm noch einmal die Rede sein. Hier genügt es zu bemerken, daß auch dieser letzte Versuch, eine Germania illustrata auf den Wegen des Celtis zu schaffen, Projekt und Fragment geblieben ist. –

Aber indessen war schon ein anderer Weg beschritten worden. Fast gleichzeitig mit Pirckheimers Büchlein erschien eine zweite Germaniae descriptio, ihr Verfasser war Sebastian Münster.[1] Wir begegneten ihm schon im Kreise des Rhenanus, der ihn für eine Beschreibung des Rheintals zu gewinnen suchte. Damals schon hatte Münster den Plan gefaßt, die Kosmographie zu popularisieren, und seine Arbeiten an diesem Werke hatten ihn, ganz wie Aventin, zu der Ansicht geführt, daß nur durch lokale Arbeitsteilung hier vorwärts zu kommen sei. 1528 hatte er seiner „Erklärung des neuen Instruments der Sonnen“ eine „Vermahnung und Bitte an alle Liebhaber der lustigen Kunst Geographie, ihm Hilfe zu thun zu wahrer und echter Beschreibung deutscher Nation“, beigegeben, in der er in sehr interessanter Weise seinen Plan entwickelte. Hier schon sieht man, daß seine Absichten sich so wenig wie die eines anderen Geographen der Zeit auf reine Erdbeschreibung richteten. Er will ebenso sehr wie von Landschaften, Städten, Schlössern und Klöstern auch von „Eigenschaften, Art, Hantirung, merklichen Geschichten und Antiquitäten, so noch an etlichen Orten gefunden werden“, Kunde geben. Unter den Gehilfen, die er sich erhofft, sind Peutinger, Aventin, Rotenhan, Huttich und Glarean, also auch Männer, die ihr Bestes bisher z. T. auf historischem Gebiet geleistet hatten, freilich nach Sitte der Zeit wohl alle auch auf den Titel eines Kosmographen Anspruch machten.

Die Germaniae descriptio nun sollte zunächst nichts mehr sein als eine Erläuterung zu einem Neudruck der berühmten Karte Deutschlands von Nikolaus von Cusa, die aus dem Besitze Peutingers ans Licht gezogen worden war. Aber diese Erläuterung bot mehr Geschichte als Pirckheimer. Denn Münster meinte, wie einerseits die Geographie die unentbehrliche Grundlage geschichtlichen Verständnisses sei, so sei die Geschichte eine Art Anlockung zur geographischen Kenntnis, und er setzt sich vor, die Lernbeflissenen gleichsam an der Hand zu nehmen und ihnen beiläufig anzuzeigen, wann dies oder jenes Land zuerst erwähnt wird, wann es Grafschaft oder Herzogtum oder gar Königreich geworden ist, wie ein Volk das andere vertrieben habe und Reich auf Reich gefolgt sei. Davon spricht denn auch


  1. [283] 129) Vgl. über ihn V. Hantzsch, Sebastian Münster, Leben, Werk, wissenschaftliche Bedeutung (Abhdlgn. d. sächs. G. d. Wiss. Philol.-hist. Kl. XVIII nr. 3. 1898) und zur Ergänzung Wolkenhauer, Seb. Münsters handschriftliches Kollegienbuch aus den Jahren 1515–18, in d. Abh. d. k. Ges. d. Wissenschaften z. Göttingen. Phil.-hist. Kl. N. F. XI. Hantzsch bietet eine treffliche Orientierung, doch bleibt eine Monographie über Münster als Historiker lohnend und wünschenswert. Für diese wären dann auch die späteren, stark veränderten Ausgaben der Kosmographie, die ich hier nicht berücksichtige, heranzuziehen. Die Germaniae descriptio auch im Schardius redivivus I, 238 ff.