Seite:De Geschichtsauffassung 165.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.


ihm leicht, ebenso wie Bebel, als „gothicum“, wenn er auch nicht wie jener, „sive barbarum“ hinzusetzte.[1] Gerade deshalb wird er Suntheims solidere Kenntnisse haben nützen wollen und empfand die Absage bitter. Der jähzornige Poet mag bei der Heimkehr übel von dem sperrigen Schwaben gesprochen haben, aber der Zwist dauerte nicht lange. Wir finden Suntheim wieder unter den Sodalen der Danubiana, sogar als Zeugen in Celtis’ Testament, und seinen Grabstein ließ er 1512 neben dem des Celtis errichten.

Von einer Benutzung seiner Arbeiten durch Celtis aber hören wir nichts mehr, obgleich Suntheim unterdessen seine Kunst, wie er es Matthäus Lang 1503 anbot, in zwei Bücher gebracht hatte, „das ein von adl, von künigen, fursten, herrn und ritterschaft, daz ander von lande, stetten, clostern und wassern“, also auch eine Germania illustrata, wenn auch mit Beschränkung auf Oberdeutschland, geschaffen hatte.

Wir haben die Bücher noch[2] und es lohnt sich, sie in diesem Zusammenhange zu betrachten, denn auch hier sieht man deutlich den Unterschied, der die ältere Humanistengeneration von der jüngeren trennt. Suntheim ist nicht nur ein sorgfältiger Forscher, der für seine Genealogien so manchen wertvollen Baustein beigeschafft hat, sondern auch ein guter Beobachter, der weit herumgekommen ist und überall etwas gesehen hat. Aber er sieht nur Einzelheiten, bei Gegenden wie bei Menschen. Er notiert alte Bräuche und Sprichwörter, weiß bei den Herrschern, von denen er spricht, fast stets einen charakteristischen Zug zu geben, wobei er durchaus nicht nach Gunst schielt,[3] aber es fehlt an jeder Gesamtanschauung.

Wenn er eine neue Gegend betritt, so späht er vor allem, ob sie „gut Wein und gut Holz“ habe, die Fische, die ein Wasser führt, zählt er mit sachkundiger Genauigkeit auf, aber die Frage nach dem warum? der Erscheinungen, die Celtis so sehr bewegte, nach dem Zusammenhang, den dieser zwischen geistiger Komplexion und Erde und Himmel herstellte, wie etwa zwischen der Nürnberger Beweglichkeit und ihrem leicht aufgewühlten Sandboden, hat er sich gar nicht vorgelegt.

Seine Schreibart, die zwischen Latein und Deutsch ohne ersichtlichen Grund wechselt, ist ganz die der alten Chroniken. Wenn er einmal einen Anlauf zu einer stilisierten Einleitung nimmt, wie bei der Genealogie der Brandenburger Markgrafen, so arbeitet er mit dem gewöhnlichsten Phrasenmaterial, wenn er Stücke aus Enea Silvios Österreichischer Geschichte übersetzt, so verändert die Vorlage ganz ihren Charakter.


  1. [272] 37) Aventin WW. VI, 142: Raetobonnae in templo divi Haemerani servatur diploma a Carolo magno datum, latina quidem lingua, aliis tamnen litteris depictum, que similiores sunt graecis quam latinis. Chunradus Celtis geticas esse existimabat, Fuxomagus iureconsultus et senator caesarius longobardicas vocabat.
  2. [272] 38) Es sind die Stuttgarter Hss. F. 249 u. 250. Für die Beurteilung des Inhalts genügen die ausführlichen Inhaltsangaben bei Zapf, Merkwürdigkeiten der Zapfschen Bibliothek, und bei Heyd, Die historischen Hss. der K. Bibliothek zu Stuttgart 118 f. Hier auch Angabe der gedruckten Stücke. Eine etwas abweichende bairische Genealogie Suntheims von 1511 bespricht Rockinger i. d. Abhandlungen d. bayr. Akademie III Cl., XV. Bd., I. Abt. S. 16 ff. In clm. 1231, den Suntheim 1511 an Maximilian sandte, unter anderm auch eine sehr unbeholfene Übersetzung eines Stücks der Historia Austriaca des Enea Silvio, vor allem die Kritik des Gregor Hagen enthaltend. – Die Nachricht, daß Suntheim de lingua vulgari per Germaniam superiorem et historiarum collectanea geschrieben habe (Oefele, SS. rer. Boicarum II, 561 nach Simlers Epitome Bibliothecae Gesnerianae) ist zu emendieren: lingua vulgari per Germaniam superiorem locorum et historiarum collectanea scripsit. Zur Würdigung Riezler, Gesch. Baierns III, 914.
  3. [272] 39) Charakteristik Ludwigs des Baiern (Oefele l. c. II, 564): Fuit amicabilis et multum humanus et libenter salutabat homines utriusque sexus et ideo omnia fortunate sibi successerunt, et in necessitatibus fuit animosus et piovidus et in omnibus se gessit sicut principem decet, sed non fuit doctus, nec litteratus. Hoc postea sibi cessit in damnum et fundavit monasterium Etal ordinis S. Benedicti anno 1330 et dedit casum ab uno equo in venatione et obiit in excommunicatione anno salutis 1347. – Charakteristik Ludwigs des Bärtigen von Ingolstadt (l. c. 568): fuit princeps elegantis staturae, fortis, animosus, rixosus et derisor hominum et habens proverbium so Laus so . . . (et semper dixit so Laws so) [273] und poths Laws, wil uns dan der Hocker, denotando filium, die Schwester designans Heinricum nigrum de Landshuta, und der newlich edl, kheyen(?), putans Albertum marchionem Brandenburgensem. – Eberhard der Greiner (l. c. 592): ist gewesen ein frischer, frewer kazpalger und kriegsman. – Über Ulm (Württemb. Vjshefte f. Landesgesch. VII, 128): Vlm vor zeiten ain dorf des abts aus der Reichenaw vnd itzund ain mechtige reichstat, ligt an der Tuonaw vnd die Pia rint durch die stat vnd für die stat. Ist ain rechte werliche stat, hat ain schöne pfarrkirchen vnd vil brister, da vil gueter singer, da ain schöner tawfstein vnd ain schönes sacramenthaws, da ain closter predigerorden vnd parfüsser observantzer, da geregelt khorherrn genannt zu den Wengen vnd auch ain teutsch haws vnd ain frawencloster, da ain schöner werd, genannt im gayswerd, da gend die gemayn frewlein ein vmb die weld zu mern aus dreyen hewsern zum Gumpen, zum Kappen und zum Stern. Vnd vmb die stat ain schöne ebene weld zu reyten vnd zu gen. Item es wechst wein vmb Vlm, genannt Michelsperger vnd ist als gut als kelheimer. Dapey ain cappel, genannt Sant Michelsperg. Vnd zu Ulm macht man den pesten parchant vnd sein schöne plaichheyser da; vnd ist hoffärtig volckh vnd schön frawen da. Da von ist ain Sprichwort: Und kam ain saw von Ulm, sy hett ain krümmern swantz, den ain ander saw.