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die großen italienischen Antiquare wie Biondo in Rom und Fra Giocondo in Verona, aber auch Poggio und Ciriaco von Ancona und kleinere Geister, wie der Bolognese Thomas Sclaricinus Gammarus. Deren Sammlungen werden bewundert und, wenn es zu eigener Arbeit nicht reicht, wenigstens abgeschrieben. So hat Schedel seinen Liber Antiquitatum gefüllt, so Thomas Wolff, vielleicht auch Lorenz Beheim in Deutschland den unverdienten Ruhm eines Bahnbrechers auf dem Gebiete erhalten.[1]

Der nächste Schritt ist nun, daß man auf dem Boden nördlich der Alpen selbst sucht und sammelt. Daß auch hier erst der Humanismus die Menschen sehen lehrt, zeigt das Alter der frühesten Sammlungen, die wir aus Dacien, Pannonien, Noricum bis herüber zum Rhein besitzen, geradeso wie das der englischen, französischen und spanischen. Aber es schwebt ein eigentümliches Geschick über dem Ruhm dieser ersten Sammler. Ihre Namen sind entweder gänzlich verschollen[2], oder wir können auch da, wo die Kritik unserer Zeit sie wiedergewonnen hat[3], kaum je das Bild einer literarischen Persönlichkeit mit ihnen verbinden. Das ist kein Zufall. Sie alle bleiben eben in reiner Sammeltätigkeit stecken. Weiter kommen erst die Männer, die Pomponio Letos belebenden Einfluß erfahren haben. Was dieser bedeutet haben muß, zeigen uns mehr die begeisterten Aussprüche der Schüler – den pater historiarum nostri saeculi nennt ihn Cuspinian, einen homo superstitiose Romanus mit Anflug von Ironie Beatus Rhenanus – als Letos Werke. Denn sein von allen zitiertes und oft auch in Deutschland gedrucktes Compendium Historiae Romanae ist nur ein Geschichtsabriß des unerquicklichsten Teiles der römischen Kaiserzeit vor Gordian d. J. bis Justin. Aber wir sehen hier doch, wie das antiquarische Element, das bei Biondo noch in rein beschreibenden Werken seine Stelle suchte, in die geschichtliche Darstellung einströmt und sie belebt.[4]

Peutinger ist in der Richtung seiner Forschung von Leto so abhängig, wie nur immer in seiner spekulativen Überzeugung von Marsilio Ficino und Pico della Mirandola. Es wird doch unter Letos Führung gewesen sein, daß er, wie Zasius von ihm rühmte, in Rom mit Lebensgefahr den Überresten des Altertums nachspürte. Er nennt Leto wiederholt seinen Lehrer, folgt ihm, wo er kann; wenn er ihn verbessern zu können glaubt, geschieht es mit aller Ehrfurcht.[5]

Andere Einflüsse kommen dazu, um die antiquarische Sammlertätigkeit für Peutinger zur Lebensarbeit zu machen. Er lebt in Augsburg, wo die Reste römischer Vergangenheit den Lebenden so nahe


  1. [252] 56) Daß Wolffs Sammlung nur ein Plagiat aus Sclaricinus ist, zeigt Mommsen l. c. III, xxvi (danach ist Ch. Schmidt, Hist. litér. II, 66 zu ergänzen); für Behaim ebenda VI, XLII.
  2. [252] 57) S. den Antiquus Austriacus, Antiquus Pannonius, Antiquus Germanus und die ersten Schweizer Sammler in CIL III, 412, 477; XIII, Abt. II, 7, 161.
  3. [252] 58) Ich verweise besonders auf Augustinus Tyffernus, über den Mommsen l. c. III, 478 höchst interessant handelt, und den siebenbürger Sachsen Johannes de Megeriche (Mezerzius) ibid. III, 153.
  4. [252] 59) S. für Leto Zabughin, L’insegnamento universitario di Pomponio Leto (Rivista d’Italia, Anno 9, Vol. II, 215 ff.).
  5. [252] 60) Vgl. abgesehen von dem unten besprochenen Brief der Margarethe Welser Sermones convivales p. 34 (ed. Zapf): Movit mihi stomachum praeceptor meus, rerum vetustarum alioquin sollertissimus inquisitor, Pomponius Laetus: voluit enim nobis Germanis inventae artis impressoriae laudem praeripere. Die Äußerung des Zasius.