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allgemein historischer[1] Art, die der Autor angibt.[2] Die Darstellung ist ein merkwürdiges Gemisch von chronikaler Zusammenfassung und annalistischer Aufreihung, überdies noch durch zahlreiche Tabellen der Herrscherhäuser durchbrochen. Will man hier ein Prinzip des Autors erkennen, so kann es nur das der bequemsten Faßlichkeit und der möglichsten Stoffzusammendrängung gewesen sein.

Ein Kompilator ist Jakobus auch, aber einer von ganz anderen Fähigkeiten. Kam es ihm auch zugute, daß er ein Menschenalter nach Antonin schrieb und somit neben Orosius, Vinzenz und Martinus auch den übersetzten Plutarch, Biondo und Platina und zwar im Druck benutzen konnte[3], so hat er doch damit auch ganz etwas anderes angefangen. Sein Bild Karls des Großen ist nicht nur deshalb wahrer, weil er durch seine Quellen nicht wie Antonin auf Turpin, sondern auf Einhard geführt wird, sondern auch, weil er es versteht, die entlehnten Stellen zu einem wirklichen Charakterbilde zusammenzuschließen. Wie geschickt hat er dann aus Platina nicht nur eine Charakteristik Gregors VII., sondern auch eine Heinrichs IV. ausgehoben, und das ohne sich recht viel zu wiederholen, was ihm doch sonst gar häufig begegnet.

Aber besonders bemerkenswert ist seine Stellung zum Altertum und zu der humanistischen Gegenwart. Von den Griechen wird er, abgesehen von den übersetzten historischen und geographischen Quellen wie Plutarch und Strabo, nicht viel mehr aus eigener Lektüre gekannt haben als Antonin. Eher mag sich der Florentiner Erzbischof noch einige selbständige Gedanken über die Konkordanz Platos mit der Bibel gemacht haben. Aber dafür bringt Jakobus auch keine Errores Platonis und kümmert sich ebensowenig bei Sokrates um das echtkirchliche Dilemma Antonius, ob derselbe aus Überdruß an der Unsicherheit der Naturkenntnisse der Philosophie die Wendung zum Ethischen gegeben haben oder, „sicut de illo quidam benivolentius suspicantur“, weil er nicht wünschte, daß Menschen mit unreinen Sinnen sich an das Göttliche wagten. Dagegen spricht Jakobus bei dem Ursprung der Abgötterei[4] von den Philosophen, die schon unter verschiedenen Namen den einen Gott gelehrt hätten, wo Antonin nur eine Ablehnung aller falschen Götter mit den Worten der Bibel bringt.

Noch deutlicher wird der Unterschied bei der römischen Geschichte. Hier knüpft Antonin einfach nach der Danielischen Weissagung das Römerreich an das mazedonische an, er betont bei Romulus hartnäckig, daß er ex stupro, non ex Marte erzeugt sei, und bestreitet, daß Sallust mit Recht gesagt habe, unter der Republik hätten Recht


  1. WS: Tippfehler im Orginal: histoisch
  2. [240] 14) Z. B. Lib. VIII [Teil II, f. 39b]: Deiectis igitur Maxentio et Licinio et Maximiano tyrannis omnique tyrannicae dominationis ablata memoria soliditatem Christianae nominis iam ecclesia obtinere cepit. Quantum autem postmodum religiosus hic princeps Constantinus circa dei cultum fuerit studiosus, inferius dicemus. Quapropter huius voluminis octavo libro finem hic facimus. – Lib. XIII [Teil II, f. 147b]: Ac sic nunc tertiodecimo huic libro finem imponemus, cum ea, quae sequuntur, propter novas religiones et scismatum perturbationes longam exigant orationem.
  3. [240] 15) Angabe seiner Quellen in der an den Magistrat von Bergamo gerichteten Vorrede. Für Biondo betont er noch besonders T. II, f. 166b, daß er vieles wörtlich entlehnt habe.
  4. [240] 16) Teil I, f. 11b. Jakobus hat, wie w. u. bei Dante, Antonin benützt.