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berühmter Männer Deutschlands wirkt, haben wir gesehen, mit Brant schmiedet er weitere historische Pläne.[1] Schon vorher hat er Sebastian Murrho in Schlettstadt angeregt, ein Werk De virtutibus et magnificentia Germanorum zu schreiben. Murrho stirbt 1494 und Wimpfeling, der sich ein wenig als den Verwalter seines literarischen Nachlasses betrachtet[2], denkt sogleich an eine Herausgabe. Mit dem Lupold von Bebenburg und dem Katalog berühmter Deutscher soll es eine Art deutschen Ehrenmals werden. Andere Pläne – bei diesem ewig gebärenden Schriftsteller keine Seltenheit – drängen Murrhos Buch zunächst in den Hintergrund. Doch mag Wimpfeling das Manuskript öfter hervorgeholt und seine temperamentvollen Bemerkungen über Türken- und Franzosennot oder Lesefrüchte anderer Art an den Band geschrieben haben.

Dann, als um die Wende des Jahrhunderts die Mißerfolge Maximilians im Schweizerkrieg und gegen Frankreich in Straßburg mancherlei Kritik, vor allem auf den Kanzeln, und wohl auch alte franzosenfreundliche Bestrebungen in Adel und Geistlichkeit laut werden ließen[3], wirft er eine Flugschrift „Germania“ aufs Papier, die in einem kurzen ersten Teil das Deutschtum des Elsaß seit den Tagen Cäsars und die deutsche Abstammung aller deutscher Kaiser seit Karl dem Großen beweisen will, im zweiten den Straßburgern gute Lehren gibt, wie sie ihre Stadt blühend und mächtig erhalten und für die wahre Bildung ihrer Bürger sorgen können.[4]

Er hat, wie auch sonst[5], Bedenken getragen das Schriftchen herauszugeben. Aber Brant mag ihn vorwärts getrieben haben. So erscheint es 1501. Der Rat von Straßburg erweist sich dankbar, aber in dem Franziskanermönch Thomas Murner ersteht Wimpfeling ein heftiger Gegner. Die nun sich entspinnende literarische Fehde wird persönlich und gehässig, aber sie hält doch auch Wimpfeling bei dem einmal ergriffenen Stoffe fest und von Freunden und Schülern, die gleicher Gesinnung sind, angefeuert, bereitet er nun wirklich die Murrhoschen Blätter mit seinen Zusätzen zur Ausgabe vor und endlich im Frühjahr 1505 erscheint die Epitoma Germanorum, Jacobi Wympfelingii et suorum opera contextum.[6]

Also eine erste deutsche Geschichte, die nur dieses sein will. Betrachten wir ihren Aufbau. Nachdem die Einteilung der Germanen in fünf Hauptstämme gegeben ist, beginnt die eigentliche Geschichte mit den Zügen der Cimbern und Teutonen. Es folgt Ariovist, „der erste König der Germanen“, der mit Cäsar gefochten hat, die Niederlage des Varus „und des Drusus“[7]. Dann ein merkwürdiger Abschnitt

  1. [235] 90) Schmidt I, 250.
  2. [235] 91) S. die von Knod i. d. Alemannia XIII, 227 ff, gedruckten Briefe Wimpfelings an Amerbach, bes. 229, Nr. II und 231 Nr. VI.
  3. [235] 92) Diese Motivierung gibt der von E. Martin, Germania von Jacob Wimpfeling 106 gedruckte Brief Wimpfelings an Brant. In Z. 2. ist daselbst [236] statt des sinnlosen non solum fucelli tui emuli zu lesen fraticelli (oder [sacri]-ficuli s. den bei Knepper, Wimpfeling 363, Nr. 7, Z. 10 abgedruckten Brief), tui emuli. Damit entfallen Martins Vermutungen über den Sinn der Stelle.
  4. [236] 93) Übersetzung von Martin s. o. Neudruck mit Murners Schrift von Schmidt 1874.
  5. [236] 94) Varrentrapp in ZKG. XVI, 2901.
  6. [236] 95) Das Folgende beruht auf Bickel, Wimpfeling als Historiker. Diss. 1904 und eigene Untersuchungen, die demnächst anderswo erscheinen werden. Das Datum der Widmung an Wolff haben Schmidt I, 45109 und Knepper 1534 mit Recht aus 1502 in 1504 korrigiert.
  7. [236] 96) So sagt die Überschrift des Kapitels. Der Text hat ganz richtig aus Strabo: victor [mortem] oppetiit. Bei Strabo stand noch domitis gentibus davor.