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empfohlen hatte, die aber die italienischen Humanisten kaum hätten gelten lassen. Aber darunter steht auch ein Epigramm von Celtis und ein Bildnis des Dichters, das der dankbare Abt hat malen lassen.[1] Das Refektorium schmücken die Bildnisse der Äbte, unter jedem ein paar Worte über sein Leben. Und dann folgt die Bibliothek, die Trithemius aus den winzigsten Anfängen zur größten Büchersammlung des damaligen Deutschland gemacht hat. Es ist kein Mönchskerker, aus dem man die Geister der Vorzeit befreien muß, wie Poggio die Klassikerhandschriften aus St. Gallen, sondern eine frei zugängliche Stätte des Studiums. Nicht leicht wird hier etwas vergeblich gesucht, von den Zeiten der irischen Mönche und der ersten Blüte deutscher Klosterbildung bis zu den jüngsten Erzeugnissen des Humanismus. Denn Trithemius steht durchaus auf der Meinung des hl. Hieronymus, daß die Bienen aus jeder Art Blüten Honig zu saugen verstehen.[2] Ja, eigentlich sind ihm das alles „geistliche Schriftsteller“, auch Boccaccio mit dem Dekamerone und Poggio und Valla, wenn er die Mönche auch vor den Facetien warnt und bedauert, daß Valla sein Buch von der Konstantinischen Schenkung veröffentlicht habe.[3]

Und so erscheint denn auch in dem großen Katalog der geistlichen Schriftsteller diese ganze humanistische Kohorte, Italiener, Franzosen und Deutsche, im Gefolge von Augustin und Hieronymus, Johannes Gerson und Nikolaus de Lyra. „Denn,“ sagt Trithemius in seinem Verteidigungsbriefe an einen observanten Franziskaner, der das getadelt hatte, „ihre Werke tragen nicht wenig bei zur Kenntnis der heiligen Schriften, vielleicht auch haben sie etwas Geistliches geschrieben, wenn nicht, mag sie die Erwähnung an dieser Stelle anregen, es zu tun, um sich ihren Platz zu verdienen.“[4]

Es ist nach diesen Worten klar, daß das Buch trotz seiner merkwürdigen Zusammenstellung und trotz der Widmung an Johann von Dalberg nichts mit den humanistischen Ruhmeshallen zu tun hat, wie sie Enea Silvio, sodann in Italien Bartolomeo Fazio und andere errichtet hatten, in Deutschland Eitelwolf von Stein, ein Freund des Trithemius, wohl errichten wollte.[5] Seine Vorbilder nennt Trithemius selbst: es sind Hieronymus, der der heidnischen Literaturgeschichte des Sueton eine christliche entgegengestellt hatte, und dessen Nachfolger, unter ihnen für Trithemius am wichtigsten Sigebert von Gembloux, der die Gelehrsamkeit des elften Jahrhunderts von ähnlichen Gesichtspunkten aus katalogisierte, wie Trithemius die des ausgehenden fünfzehnten.

Trotzdem beansprucht das Werk in unserm Zusammenhang eine

  1. [230] 26) Freher I vor den Werken.
  2. [230] 27) Silbernagl, Trithemius² 81, 199 f.
  3. [230] 28) De scriptoribus ecclesiasticis bei Freher I, 347.
  4. [230] 29) An Albert Morderer 1492 april 2 bei Freher I, 187.
  5. [230] 30) S. d. Angabe im Catalogus bei Freher I, 181, dazu Falk in d. HPBll. CXI, 877.