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durch indische Dschungeln, indessen ich doch nur auf dem Streifen breiter Pflasterplatten wandelte, die sich als eine lange Zeile in der Mitte des Bürgersteiges hinzogen.

Die vielen offenen und dunkeln Schaufensterscheiben glitzerten neben mir wie mondbeschienene Gewässer auf, ähnlich den heimlichen Tränkestätten von Raubtieren, die unhörbar durch die Dschungeln schleichen. Eine Autohuppe brüllte manchmal in einer Nebengasse. Dieser Laut wurde mir fast zu Löwengeheul. Und schleifte der Gummireifen eines vorbeisausenden Autos mit surrendem Laut über den glatten Asphalt des Fahrdammes, dann waren da in der Vorstellung galoppierende Dickhäuter, pfauchende Nashornherden und aufgescheuchte Scharen von Nachtvögeln, die vorbeifegten.

Ich blieb an einem Schaufenster stehen. Das kannte ich gut. Dort stand ich immer eine Weile in jeder Nacht und nahm mir vor dem Schlafengehen Zeit, die lebende gefiederte Ware einer Vogelhandlung zu bedauern.

Da waren chinesische Nachtigallen in Drahtkäfigen mit roten Schnäbeln und grüngelber Brust. Und smaragdgrüne Sittiche aus Australien

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Max Dauthendey: Geschichten aus den vier Winden. Albert Langen, München 1915, Seite 176. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Geschichten_aus_den_vier_Winden_Dauthendey.djvu/177&oldid=- (Version vom 31.7.2018)