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Ich hatte nun an diesem Abend nichts, weder den Geliebten, noch das Heim. Ich hatte die Leere. Das war der Anfang des Verschlingens, das von Dagon ausgeht. Aber ich hatte mir Dagon gewählt, das mußte ich mir immer wieder sagen. Ich hätte auf dem Landgut des Adeligen vielleicht ein ruhiges, seßhaftes Leben führen können, gepflegt von einem mich aufrichtig Liebenden. Ich hatte es nicht gewollt. Mich hat der Kampf mit dem Unklaren, Ungewissen gelockt. Ich wußte es damals nicht: es ist der Kampf mit dem Nichts gewesen.“

So erzählte mir Claudia ohne Pathos, ohne große Geste, mit schwarzblanken Augen, die glänzend zu sein schienen von den Abgründen ihres Unglückes. Es war auch, als triumphiere in ihrem Blick das Bewußtsein des Unentrinnbaren, als käme sich jene Frau selbst erstaunlich vor und als ließe sie ihr Erstaunen über sich aus ihrer Augenschwärze strahlen. Deshalb klagte sie eigentlich nicht, wie andere klagen, wenn sie Grauenhaftes, Martervolles erleben. Sie lebt in einer Unglücksekstase, und mir scheint, ihre Augen werden immer glänzender, je unglücklicher sie von Jahr zu Jahr wird.

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Max Dauthendey: Geschichten aus den vier Winden. Albert Langen, München 1915, Seite 157. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Geschichten_aus_den_vier_Winden_Dauthendey.djvu/158&oldid=- (Version vom 31.7.2018)