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finden, dass die abändernden Nachkommen einer Art (seye es nun durch Rückkehr oder durch analoge Variation) Charaktere annehmen, welche schon in einigen andern Gliedern derselben Gruppe vorhanden sind. Das ist zweifelsohne in der Natur der Fall.

     Ein grosser Theil der Schwierigkeit eine veränderliche Art in unsren systematischen Werken wiederzuerkennen, rührt davon her, dass ihre Varietäten gleichsam einige der andern Arten der nämlichen Sippe nachahmen. Auch könnte man ein ansehnliches Verzeichniss von Formen geben, welche das Mittel zwischen zwei andern Formen halten, von welchen es zweifelhaft ist, ob sie als Arten oder als Varietäten anzusehen seyen; und daraus ergibt sich, wenn man nicht alle diese Formen als unabhängig erschaffene Arten ansehen will, dass die eine durch Abänderung die Charaktere der andern so weit angenommen hat, um hiedurch eine Mittelform zu bilden. Aber der beste Beweis bietet sich dar, indem Theile oder Organe von wesentlicher und einförmiger Beschaffenheit zuweilen so abändern, dass sie einigermaassen den Charakter desselben Organes oder Theiles in einer verwandten Art annehmen. Ich habe ein langes Verzeichniss von solchen Fällen zusammengebracht, kann solches aber leider hier nicht mittheilen, sondern bloss wiederholen, dass solche Fälle vorkommen und mir sehr merkwürdig zu seyn scheinen.

     Ich will jedoch einen eigenthümlichen und zusammengesetzten Fall anführen, der zwar keinen wichtigen Charakter betrifft, aber in verschiedenen Arten einer Sippe theils im Natur- und theils im gezähmten Zustande vorkommt. Es ist offenbar ein Fall von Rückkehr. Der Esel hat manchmal sehr deutliche Queerbinden auf seinen Beinen, wie das Zebra. Man hat versichert, dass diese beim Füllen am deutlichsten zu sehen sind, und meine Nachforschungen scheinen Solches zu bestätigen. Auch hat man versichert, der Streifen an der Schulter seye zuweilen doppelt. Der Schulter-Streifen ist jedenfalls sehr veränderlich in Länge und Umriss. Man hat auch einen weissen Esel, der kein Albino ist, ohne Rücken- und Schulter-Streifen beschrieben; und diese Streifen sind auch bei dunkel-farbigen Thieren zuweilen sehr undeutlich oder gar nicht zu sehen. Der Kulan

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Charles Darwin: Entstehung der Arten. Stuttgart 1860, Seite 173. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Entstehung_der_Arten_1860_(Darwin)_173.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)