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versetzt wird, die äusseren Lebens-Bedindungen meistens wesentlich andre sind, wenn auch das Klima genau dasselbe wie in der alten Heimath bliebe. Wünschten wir das durchschnittliche Zahlen-Verhältniss dieser Art in ihrer neuen Heimath zu steigern, so müssten wir ihre Natur in einer andern Weise modifiziren, als es hätte in ihrer alten Heimath geschehen müssen; denn sie bedarf eines Vortheils über eine andre Reihe von Mitbewerbern oder Feinden, als sie dort gehabt hat.

     Versuchten wir in unsrer Einbildungskraft, dieser oder jener Form einen Vortheil über eine andre zu verleihen, so wüssten wir wahrscheinlich in keinem einzigen Falle, was zu thun seye, um zu diesem Ziele zu gelangen. Wir würden die Überzeugung von unsrer Unwissenheit über die Wechselbeziehungen zwischen allen organischen Wesen gewinnen: einer Überzeugung, welche eben so nothwendig ist, als sie schwer zu erlangen scheint. Alles was wir thun können, ist: stets im Sinne behalten, dass jedes organische Wesen nach Zunahme in einem geometrischen Verhältnisse strebt; dass jedes zu irgend einer Zeit seines Lebens oder zu einer gewissen Jahreszeit, während seiner Fortpflanzung oder nach unregelmässigen Zwischenräumen grosse Zerstörung zu erleiden hat. Wenn wir über diesen Kampf um’s Daseyn nachdenken, so mögen wir uns selbst trösten mit dem vollen Glauben, dass der Krieg der Natur nicht ununterbrochen ist, dass keine Furcht gefühlt wird, dass der Tod im Allgemeinen schnell ist, und dass es der Kräftigere, der Gesundere und Geschicktere ist, welcher überlebt und sich vermehrt.


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Charles Darwin: Entstehung der Arten. Stuttgart 1860, Seite 84. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Entstehung_der_Arten_1860_(Darwin)_084.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)