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Zufall gewesen, dass die Erdbeere gerade zu variiren begann, als Gärtner diese Pflanze näher zu beobachten anfingen. Zweifelsohne hatte die Erdbeere immer variirt, seitdem sie angepflanzt worden; aber man hatte die geringen Abänderungen vernachlässigt. Als jedoch Gärtner später die Pflanzen mit etwas grösseren, früheren oder besseren Fruchten heraushoben, Sämlinge davon erzogen und dann wieder die besten Sämlinge und deren Abkommen zur Nachzucht verwendeten, da lieferte diese, unterstützt durch die Kreutzung mit andern Arten, die vielen bewundernswerthen Varietäten, welche in den letzten 30—40 Jahren erzielt worden sind.

     Was Thiere getrennten Geschlechtes betrifft, so hat die Leichtigkeit, womit ihre Kreutzung gehindert werden kann, einen wichtigen Antheil an dem Erfolge in Bildung neuer Rassen, in einer Gegend wenigstens, welche bereits mit anderen Rassen besetzt ist. Dazu kann die Einschliessung des Landes in Betracht kommen. Wandernde Wilde oder die Bewohner offner Ebenen besitzen selten mehr als eine Rasse derselben Art. Man kann zwei Tauben lebenslänglich zusammen-paaren, und Diess ist eine grosse Bequemlichkeit für den Liebhaber, weil er viele Vollblut-Rassen im nämlichen Vogelhause beisammen erziehen kann. Dieser Umstand hat gewiss die Bildung und Veredlung neuer Rassen sehr befördert. Ich will noch beifügen, dass man die Tauben sehr rasch und in grosser Anzahl vermehren und die schlechten Vogel leicht beseitigen kann, weil sie getödtet zur Speise dienen. Auf der andern Seite lassen sich Katzen ihrer nächtlichen Wanderungen wegen nicht zusammen-paaren, daher man auch, trotzdem dass Frauen und Kinder sie gerne haben, selten eine neue Rasse aufkommen sieht; solche Rassen, wenn wir dergleichen jemals sehen, sind immer aus anderen Gegenden und zumal aus Inseln eingeführt. Obwohl ich nicht bezweifle, dass einige Haus-thiere weniger als andre variiren, so wird doch die Seltenheit oder der gänzliche Mangel verschiedener Rassen bei Katze, Esel, Perlhuhn, Gans u. s. w. hauptsächlich davon herrühren, dass keine Züchtung bei ihnen in Anwendung gekommen ist: bei Katzen, wegen der Schwierigkeit sie zu paaren; bei Eseln, weil

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Charles Darwin: Entstehung der Arten. Stuttgart 1860, Seite xxx. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Entstehung_der_Arten_1860_(Darwin)_048.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)