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den grösseren Bundesstaaten ältere, bereits bestehende, landständische Verfassungen hervorbringen, so haben die letzten Friedensschlüsse die Territorialverhältnisse mehrerer Deutschen Fürsten so wesentlich verändert, dass sie sich genöthigt gesehen, mit einer neuen Organisation den Anfang zu machen und nur nach deren Vollendung zur Erfüllung der in dem XIII. Artikel übernommenen Verpflichtung schreiten können.

Diese Umstände beschränkten die Monarchen in Wien im Jahre 1815 bei der Aufstellung des XIII. Artikels auf eine allgemeine Verheissung der ihren Völkern zugedachten Wohlthat, sie machen es auch jetzt noch unmöglich, über das Wann und Wie einen festen, übereinstimmenden Beschluss zu fassen. Es würde von nachtheiligen Folgen sein, wenn man ihrem weisen Ermessen durch übereilte Anregungen vorgreifen wollte, vielmehr können die Völker mit Vertrauen den Zeitpunkt erwarten, wo dasjenige in Erfüllung gehen kann, was aus freiwilligem Antriebe und aus eigener Machtvollkommenheit zugestanden wurde. Nicht zu verkennen ist das aufrichtige Bestreben, mit welchem die Deutschen Fürsten sich dem Ziele zu nähern und alle Hindernisse, welche sich demselben entgegenstellen, zu beseitigen suchen. Ueberall beschäftigt man sich mit der inneren Organisation der neu erworbenen Länder, überall müht man sich, die Wunden des Krieges zu heilen und die Berufung der Provinzialstände vorzubereiten. In den kleineren Staaten und in solchen, die in Gemässheit der neuen Gestaltung der Territorialverhältnisse keine Veränderung erlitten haben, war die Aufgabe natürlich leichter zu lösen, als in den grösseren Monarchien, die zum Theil eine ganz neue Begrenzung erhielten und die nicht mit ihrem ganzen Staate zum Deutschen Bunde gehören. Wurden daher die Schwierigkeiten nicht schon jetzt mit gleichem Erfolg besiegt, so kann wohl unter so verschiedenartigen Umständen der unvermeidliche Verzug bei Anwendung der Bestimmungen des XIII. Artikels noch keine gerechte Veranlassung zu irgend einem Tadel abgeben.

Von diesem Gesichtspunkt betrachtet, finde ich es ganz zweckmässig, dass der Bund schon jetzt die Garantie solcher Verfassungen übernehme, welche bereits gehörig erwogen und in gänzlicher Uebereinstimmung zwischen dem Landesherrn und den vorhandenen Ständen abgeschlossen worden sind; aber aus eben demselben darf der Bund, meines Dafürhaltens, in dieser wichtigen Angelegenheit noch keinen weiteren Beschluss fassen.

Es würde durch ein so unzeitiges Eingreifen des Bundes der ganz deutliche Sinn des XIII. Artikels zum grössten Nachtheil der heiligsten Verhältnisse verdunkelt und überschritten werden; man

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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1895, Seite 343. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1895_12_343.jpg&oldid=- (Version vom 8.6.2023)