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nur übersetzen mit dem ganz farblosen Gedanken: „sie werden den Wehrhaften beigesellt“ und zwar in dem Sinne „gleichgestellt“. Aber letztere Bedeutung entspricht nicht dem Lateinischen aggregari. Ausserdem setzt Köpke hinter aggregantur einen Punkt und lässt nun mit dem „nec rubor etc.“ Tacitus seine Darstellung über das Gefolgschaftswesen beginnen. Das erscheint aber etwas gewaltsam; denn das „nec rubor inter comites aspici“ weist auf die engste Verbindung mit dem vorangegangenen aggregari hin. Und gerade dadurch, dass man unter dem aggregari die Aufnahme in’s Gefolge versteht, ergibt sich, wie schon oben erwähnt, ein ganz zwangloser Uebergang zu der folgenden Schilderung des Gefolgschaftswesens.

Schliesslich muss noch eine Streitfrage Erledigung finden, welche bisher aus praktischen Gründen absichtlich nicht berücksichtigt worden ist, und zwar handelt es sich darum, wer ist bezw. was ist der princeps in dieser Stelle. Bisher wurde es bald mit Fürst, Gaugraf, bald auch mit Gefolgsherr wiedergegeben.

Es sind vor allem zwei Ansichten – es würde zu weit führen, hier sämmtliche Meinungen über die principes der Germania zu beleuchten –, welche sich scharf gegenüberstehen.

Die Einen glauben, Tacitus gebrauche hier, wie sonst überall in seiner Germania, das Wort princeps als terminus technicus und zwar immer in ein und demselben (technischen) Sinn: princeps sei der Stammesfürst, Gaufürst, d. h. Gaukönig oder Gaugraf[1].

Die Anderen sind der Ansicht, dass Tacitus mit dem Ausdruck princeps in der hier besprochenen Stelle nicht den Gaufürsten, Gaugrafen gemeint habe, sondern den Gefolgsführer; dass also m. a. W. princeps verschiedene Bedeutungen bei Tacitus in der Germania habe[2].

Die Vertreter der erstgenannten Ansicht führen hauptsächlich Folgendes für sich an.

Schon die Wahrscheinlichkeit spreche dafür, dass Tacitus

  1. Bethmann-Hollweg a. a. O. S. 61 f.– Phillips a. a. O. S. 355 f. – Roth, Geschichte des Benefizialwesens (Erlangen 1850) S. 21 f. – Scherer, Anz. S. 89 f. – Thudichum, Altdeutscher Staat. Giessen 1862. S. 14 f. – Waitz a. a. O. S. 236 ff., insbes. S. 250 ff., S. 290 u. S. 371.
  2. Baumstark U. St. A. S. 633 ff. – Dahn a. a. O. S. 67 ff. – Wietersheim-Dahn a. a. O. S. 60–69.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1895, Seite 333. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1895_12_333.jpg&oldid=- (Version vom 7.6.2023)