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Gleiche hinaus]. Bestätigung finde diese Meinung in dem folgenden „nec rubor inter comites aspici“. Trotzdem sie freie Leute seien und die Freiheit bei den Germanen sehr hoch geschätzt worden sei, wäre solcher Dienst im Gefolge nicht als entehrend angesehen worden[1].

Solcher Auffassung stehen aber mannigfache Bedenken entgegen. Von vornherein muss man jeder Aenderung des Textes, zumal wenn sämmtliche Handschriften hinsichtlich der Lesart völlig übereinstimmen, wie dies hier bei ceteris der Fall ist, misstrauisch gegenüberstehen. Dieses Verhalten rechtfertigt sich hier, wie das Folgende zeigen wird, da die Stelle mit dem handschriftlich überlieferten ceteris guten Sinn gibt.

Doch selbst wenn man die Voraussetzung zu einer Aenderung des Textes hier für gegeben erachtete, so müsste man doch wenigstens durch die Conjectur ceteri zu einer Auslegung des Satzes gelangen, gegen die sich nichts einwenden liesse. Dies ist aber keineswegs der Fall. Im Gegentheil!

Nothwendiger Weise würde sich dann bei dieser Lesart ergeben, dass alle übrigen jungen Leute, welche Mangels hohen Adels und Mangels grosser Verdienste der Väter nicht zur fürstlichen Würde gelangen, insgesammt in den Comitat eines Fürsten treten müssten. Ein derartiger Gedanke aber, dass gleichsam eine Pflicht für den Eintritt in den Comitat eines Gefolgsherrn vorhanden gewesen sei, findet sich nirgends in unseren Quellen ausgesprochen. Das Gefolgsverhältniss wird vielmehr immer als ein freiwillig eingegangenes dargestellt. Vgl. Germ. cap. 13: electorum juvenum globo circumdari.

Auch der Schlusssatz „nec rubor inter comites aspici“ wäre bei solcher Erklärungsweise ziemlich überflüssig, um nicht zu sagen unverständlich. Wenn es für alle waffenfähigen Jünglinge, welche nicht des erwähnten Vorzugs theilhaftig werden, Brauch ist, comites eines princeps zu werden, so folgt ja schon aus dieser Thatsache allein, dass die Germanen den Dienst im Gefolge eines Fürsten nicht für schimpflich und entehrend erachteten.

  1. Gerlach, Taciti Germania. Abth. 2 (Basel 1835/37) S. 111. – Gebauer a. a. O. S. 111 f. – Savigny, Vermischte Schriften Bd. 4 (Berlin 1850) S. 11. – Wietersheim, Geschichte der Völkerwanderung Bd. 1 (Leipzig 1859) S. 372 f. – Vgl. auch die 2. Auflage hiervon, besorgt von Dahn (Leipzig 1880) S. 55 f.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1895, Seite 317. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1895_12_317.jpg&oldid=- (Version vom 7.6.2023)