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Darnach würde man nunmehr für alle drei Sätze die Quelle in einer schon um 1198 verbreiteten Anschauung zu suchen haben. Auch an und für sich ist es durchaus wahrscheinlich, dass ein Schöffe, der die Redaction eines Rechtsbuches spätestens im Jahre 1234 abschloss, Anschauungen aus der Wende des 12. und 13. Jahrhunderts darstellte.


b) Der Sachsenspiegel und die ihm widersprechenden gleichzeitigen Wahltheorien.

Es entsteht die weitere Frage: welchen Werth haben die vom Ssp. abweichenden Angaben über die Wahlordnung?

Matthäus von Paris mit seinen beiden Wählerlisten, die sich gegenseitig aufheben, und von denen noch dazu die erstere sich selbst widerspricht, sowie mit seinen wunderbaren Nachrichten über die Geschäftsordnung der Wahl ist schon von Früheren abgewiesen worden. (Vgl. Lindner S. 172 ff.)

Nennt Thomas Wikes anscheinend an der Stelle, wo in der Ueberlieferung des Ssp. Böhmen steht, Oesterreich (wenn man nämlich den dort erwähnten dux Bavarie mit dem Pfalzgrafen identificirt), so ist er entweder offenbar gleichfalls schlecht unterrichtet, oder, wenn wirklich anzunehmen ist, dass er unter dem Oesterreicher den Oesterreich besitzenden König von Böhmen meinen sollte, so würde er dem Ssp. nicht widersprechen. (Böhmer, fontes II, 451.)

Wie diese beiden ausländischen Autoren zu ihren irrigen Angaben gekommen sind, erklärt sich leicht durch die Erwägung, dass in der ganzen Zeit von 1198 bis 1256, wie weiter unten gezeigt werden wird, wahrscheinlich bei keiner einzigen Wahl alle vier vorstimmberechtigten Fürsten vertreten waren. (Vgl. Ficker, Entstehungszeit des Ssp. S. 108.) Sicher ist dies von der zwiespältigen Wahl im Jahre 1198, dann von den Wahlen Konrad’s, Heinrich’s von Thüringen und Wilhelm’s von Holland. Ueber die Personen der Bevorrechtigten konnten sonach leicht Irrthümer entstehen.

Die Ansicht, welche sich bei Heinrich von Segusia als Anschauung „gewisser“ (quidam) Leute findet, wonach die Böhmische Stimme nur dann necessaria gewesen sei, quando alii (Mainz, Köln, Trier, Pfalz, Sachsen, Brandenburg) discordant, stammt offenbar erst aus später Zeit, da sie volle Ausbildung des ausschliesslichen

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1895, Seite 301. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1895_12_301.jpg&oldid=- (Version vom 7.6.2023)