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werden, als ob beim Sturze Berthold’s von Anfang an das weitere Ziel der Entthronung Konradin’s in’s Auge gefasst worden wäre. Jamsilla gibt an dieser Stelle eine officiöse Beschönigung des Staatsstreichs, die nicht minder modern klingt als die amtliche Mittheilung Manfred’s, Berthold sei aus Gesundheitsrücksichten zurückgetreten[1]; je mehr Worte er macht, desto mehr verräth sich das böse Gewissen, die Schwäche der zu vertheidigenden Sache. Die inneren Gründe, die gegen Jamsilla’s Darstellung sprechen, sind bereits erörtert worden, noch führe ich einige Sätze an, um zu zeigen, in welcher äusseren Umgebung die Legende auftritt: es sei die Absicht Konrad’s IV. gewesen, Manfred testamentarisch zum Reichsverweser einzusetzen, aber im Hinblick auf gewisse Beleidigungen, die er dem Fürsten zugefügt, habe er an dessen Annahme gezweifelt[2]; der sterbende König habe den Wunsch gehegt, Manfred solle dem Markgrafen Gehilfe sein in der Führung der Regentschaft[3], – Sätze, die nicht bloss jeder inneren Wahrscheinlichkeit entbehren, die überdies in Widerspruch stehen mit Jamsilla’s früherer Darstellung selbst. „Nihil probat, qui nimium probat“[4].

Jamsilla’s Bericht verräth hier, wie anderwärts, den Charakter einer bestellten Arbeit; der Umstand, dass er gerade mit der Krönung Manfred’s schliesst, dass er des zweiten Gerüchtes vom Tode Konradin’s gedenkt, ohne, wie früher, der Irrthümlichkeit desselben Erwähnung zu thun, also an die Adresse eines Publicums sich wendet, das von der Unwahrheit des Gerüchtes noch keine Beweise hat, bestätigt diesen Charakter[5].

  1. B.-F. 4644.
  2. 508 E.
  3. 509 A.
  4. Noch führe ich den einfältigen Satz an, mit dem Jamsilla l. c. 508 A, B den Rücktritt Berthold’s unter einen allgemeinen Gesichtspunkt bringt: „Multos quidem hoc modo fallit ambitio, qui onera, quae insunt honoribus, a principio non attendunt, quoniam ambitione coecati videre singula, quae sunt videnda, non possunt. Vident quidem et appetunt, quod delectat, nec inspiciunt illa alia delectationis qualitate, quae gravant, et dum improvide honorem sine contemplatione oneris amplectuntur, de honore sub onere turpiter cadunt“.
  5. Wenn Ottokar Lorenz, Deutschlands Geschichtsquellen im Mittelalter S. 244 sagt, Nikolaus de Jamsilla und Saba Malaspina seien beide eifrige Staufer gewesen, ein Parteiunterschied bestehe zwischen ihnen kaum, so hat mich dieses Urtheil geradezu überrascht. Jamsilla war vielmehr ein Ghibelline Manfredinischer Färbung, Malaspina ein gemässigter Guelfe.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1895, Seite 236. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1895_12_236.jpg&oldid=- (Version vom 4.6.2023)