Seite:De DZfG 1895 12 128.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

versprechen und zu thun er bereit sei, wenn er vom Kaiserstaat unterstützt wird. Er analysirt und motivirt die gemeinsame Note und meint, fällt die Antwort bejahend aus, so ist es gewiss erwünscht; fällt sie verneinend oder ausweichend aus, so wird der König wenigstens wissen, dass er von Oesterreich nichts zu erwarten habe.

Ueber Preussens nothwendiges Vorgehen urtheilt Humboldt jetzt, da er wohl durch Knesebeck genauer informirt war, ganz anders als kurz vorher.[1] „Ohne Gefahren wird Preussens Stellungnahme nicht sein; denn wenn auch Frankreich einen grossen Schlag erlitten hat, so kann Napoleon immer noch von neuem eine grosse Armee sammeln; den Krieg auszuhalten wird für ihn weniger schwierig sein, da die Länder, wo man kämpft, weniger entfernt liegen, und die Verluste des Französischen Heeres sind mehr den Umständen als den Manövern der Russischen Generäle zu danken. Wenn der König sich trotzdem mit Russland verbindet, kann er grosse Mittel in Bewegung setzen und ist sicher, ein grosses Ziel zu erlangen; bleibt er Verbündeter Frankreichs, so spielt er immer eine subalterne Rolle und hat selbst beim Erfolg nichts zu hoffen, als seine gegenwärtigen Staaten, erschöpft durch alles Unglück des Krieges, wieder zu erlangen. Wenn die Russen mit Energie handeln und die Schwedische Expedition, wie es wohl sicher ist, erfolgt, so kann man sich schmeicheln, das Kriegstheater hinter die Elbe zurück zu verlegen. Was vielleicht den Russen und Schweden allein nicht möglich ist, kann glücken, wenn die Kräfte Preussens und Norddeutschlands, das es mit sich fortreisst, sich damit verbinden. Die Wahl ist schwierig, aber es ist tröstlich, dass sie ganz frei ist, und ein Glück für Preussen, dass die Partei, die zu ergreifen es durch die Umstände gezwungen werden kann, zugleich diejenige ist, die, wenn auch nicht gefahrlos, doch seinen wahren Interessen entspricht. Die Gewalt, die Preussen fortreissen kann, ist zu gleicher Zeit die Hilfe, die es braucht, und der es sich ohne Misstrauen überlassen kann“. Der Hauptpunkt scheint ihm zu sein, ob die Russen die Oder werden erreichen können und wollen, und ob sie bei Beginn des Frühlings im Besitz der Oderfestungen sein werden oder sie wenigstens

  1. Siehe oben S. 123.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1895, Seite 128. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1895_12_128.jpg&oldid=- (Version vom 25.5.2023)