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zum Schaltmonat gemacht“, von der ich aber natürlich nicht weiss, ob sie im Zusammenhang wirklich besagt, Hiskia habe einen Schaltcyclus eingeführt. Ist die Talmudische Erklärung überhaupt richtig, was man gewiss nicht ohne Weiteres anzunehmen braucht, so könnte, da es sich um die Beseitigung eines religiösen Bedenkens handelt, ein ähnlicher Fall vorliegen, wie bei dem ἕτερος Ἀρτεμίσιος Alexander’s d. Gr. So viel ich indessen sehen kann, liegt keinerlei Grund vor, den Israeliten ein freies Sonnenjahr zuzuschreiben, und spricht sehr vieles dagegen, ihren Stammesgenossen in Juda ein freies Mondjahr beizulegen. Wenn „Gott den Mond zur Bestimmung der Festeszeiten gemacht hat“ (Ps. 104, 19), so verträgt sich das vortrefflich mit einem gebundenen Mondjahr, wie das Beispiel der Griechen beweist. Bei einem freien Mondjahre dagegen fällt der Reihe nach jeder Monat in die Zeit des Frühlingsanfangs und es hätte also Passah bald im Nisan, bald im Ijar, bald im Tischri oder Kislew gefeiert werden müssen. Andererseits macht ein freies Sonnenjahr die Feier eines Festes, das nach dem Mond regulirt wird, an einem festen Datum unmöglich. Wie es sich Grätz (S. 476) bei seiner Hypothese über die Form des Israelitischen und Jüdischen Jahres erklärt hat, dass das Herbstfest in Israel einen Monat später fiel, als in Juda, während beide Staaten ihr Jahr mit dem Herbstfeste angefangen haben sollen, ist mir völlig unklar. Man wird aber bei dem heutigen Stande der Forschung wohl thun, keine Hypothese über den Hebräischen Kalender aufzustellen, die nicht unbedingt nöthig ist, und wir kommen mit der unsrigen vollkommen aus. Grätz dagegen kann die Ansätze des Synchronisten nicht erklären. Wenn z. B. Abia, nachdem sein Vater Rehabeam 17 Jahre regiert hatte, im 18. Jahre des Jerobeam zur Regierung gekommen sein soll, so ist das einfach unmöglich, wenn jedes Regierungsjahr des Jerobeam 11 Tage länger war, als ein Regierungsjahr des Rehabeam.

Uebrigens habe ich natürlich nichts dagegen einzuwenden, wenn Jemand lieber annehmen will, der Synchronist habe das Israelitische Jahr mit dem Tischri, das Jüdische mit dem Nisan beginnen lassen.



Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br. und Leipzig: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1896, Seite 76. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1895_12_076.jpg&oldid=- (Version vom 23.5.2023)