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principiell bei Seite zu lassen[1]. Sie können indessen – abgesehen von jedem anderen Interesse, das sich an sie knüpft – unter Umständen auch für den Historiker von Werth sein. Sie lehren einmal, wie man zur Zeit des Synchronisten die Jahreszahlen, welche den Königen beigelegt werden, aufgefasst hat, und dann können sie allenfalls zur Controle der überlieferten Zahlen für die Dauer der Regierungen herangezogen werden.

Die Zahlen der Regierungsjahre der Könige von Israel und Juda sind vollkommen naive Aufzeichnungen; sie sind nicht durch die Hand eines vergleichenden Chronographen gegangen. Auch der Synchronist ist kein vergleichender Chronograph, wie etwa Eratosthenes und seine Nachfolger; niemals setzt er das Jahr a eines Königs von Israel gleich dem Jahre b eines Königs von Juda oder umgekehrt. Wenngleich die Königsbücher die Gründung des Salomonischen Tempels auf das 480. (oder nach der Septuaginta auf das 440.) Jahr nach dem Auszug aus Aegypten ansetzen, so benutzen sie doch weder das eine noch das andere Ereigniss als Ausgangspunkt einer Aera, von wo ab sie die Jahre der einzelnen Könige zählten und auf die sie Anfangs- und Endtermine der einzelnen Regierungen reducirten. Die beiden Listen geben daher jede lediglich eine relative Chronologie, welche an Jahre der Julianischen Periode oder proleptische Julianische Jahre vor Christi Geburt nur angeschlossen werden kann, wenn ein einzelnes Datum in der Liste durch einen bestimmten Synchronismus an ein anderweitig festgelegtes historisches Datum angeschlossen werden kann.

Eine Betrachtung der Zahlen beider Listen ergibt nun, dass die Angaben über die Regierungsdauer nicht den Zweck haben, eine bestimmte, genau begrenzte Zeitspanne, während welcher diese Könige regiert haben, zu bezeichnen. Wir haben es überall

  1. Darin liegt der principielle Unterschied der vorliegenden Untersuchung von der Oppert’s in „Salomon et ses successeurs“. Ich habe aus vielen Gründen zu beklagen, dass mir diese ausgezeichnete Abhandlung erst zugänglich geworden ist, als mein Aufsatz bereits so gut wie druckfertig war. Ich habe da, wo ich es citire, ein paar Zusätze in Bezug auf jenes Buch gemacht, es im übrigen so wenig wie die sonstige mir bekannte Literatur angeführt. Ist der Ausgangspunkt der Forschung verschieden, so sind abweichende Ergebnisse selbstverständlich, übereinstimmende zwar erfreulich, aber immer mehr oder weniger zufällig.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br. und Leipzig: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1896, Seite 45. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1895_12_045.jpg&oldid=- (Version vom 23.5.2023)