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bekannt wurden. Aber eine Genossenschaft von der Mitgliederzahl, der Macht, dem Besitz und der Stellung des Templerordens, der Ketzerei zu überführen oder – um ganz vorsichtig zu sprechen – vor den Augen der Welt in dem Masse als der Ketzerei verdächtig darzustellen, wie es in diesem Fall geschehen ist, ohne dass auch nur die geringste Berechtigung dazu vorhanden gewesen, ohne dass wenigstens in einigen Punkten die Begründung der Anklage gelungen wäre, wird man füglich auch der angeblich zu allem fähigen Inquisition nicht zutrauen können.

Anders stellte sich die Sache, wenn in einer Reihe von Fällen wenigstens die vornehmsten der auf Grund der umlaufenden Gerüchte erhobenen Anklagen erwiesen und eingestanden waren; eingestanden, wie es ja mehrfach geschehen, in einer Form und unter Umständen, welche die Bedenken ausschliessen, die gegen von der Inquisition erwirkte Eingeständnisse sonst erhoben werden. Dann mag die inquisitorielle Technik den Kreis der Schuldigen erweitert, oder den Grad der Schuld bei diesem und jenem gesteigert haben. Dadurch aber wird der Kern der thatsächlich gegebenen Schuld des Ordens oder eines Theils desselben nicht alterirt und kann nicht einfach in Abrede gestellt werden.

Für diese Auffassung der in den Processacten uns vorliegenden Aussagen sprechen, was ich schon früher geltend gemacht habe, namentlich die individuellen Züge, mit denen das sonst gleichmässig Wiederkehrende in höchst charakteristischer Weise durchsetzt ist. Wer mit Lea und Gmelin die Aussagen in ihrem sachlichen Theil als erzwungen einfach verwirft, der muss consequenterweise auch diese individuellen Momente, die sie von einander oft recht wesentlich unterscheiden, ebenfalls verwerfen. Gewiss wird es auch für solche, die das nicht thun wollen, sondern unsern Standpunkt theilen, Fälle geben, wo sie nach ihrer subjectiven Auffassung die Grenze verschieden ziehen und jene individuellen Momente verschieden schätzen. Handelt es sich hier doch gleichsam um die Abwägung von Imponderabilien, um einen Act des psychologischen Nach- und Anempfindens, der ja nach der Natur des Einzelnen verschieden ausfallen kann. Mit dem tabellarischen Rubriciren nach gewissen äusserlichen Gesichtspunkten und dem Abzählen der so entstehenden Gruppen, wie das Gmelin in den seiner Arbeit beigegebenen

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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1894, Seite 269. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1894_11_269.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)