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erwähne ich noch die eingehende und sorgfältige Untersuchung P. Viollet’s über die Frage, ob Hugo Capet zur Thronfolge berechtigt gewesen sei[1]. Auch in dieser Abhandlung entfaltet der Autor seine gewohnten Vorzüge der energischen Erfassung und Durchdringung des Stoffes.

4. Zeit der ersten Capetinger. 10. und 11. Jahrhundert. F. Lot, einem jüngeren Schüler der Ecole des Chartes, verdanken wir ein durch neue Ergebnisse und Kritik ausgezeichnetes Buch über die letzten Karolinger[2]. Sorgfältig hat er alle Quellen, die wir über den Staatsstreich des Jahres 987 und seine Vorgeschichte besitzen, durchforscht und mit grosser Sicherheit und Einsicht kritisch verwerthet. Manche seiner Urtheile sind freilich nicht unangefochten geblieben, speciell auch seine Ansicht über Hugo Capet, dessen Bedeutung er vielleicht doch zu gering veranschlagt; doch wird man den Werth dieser aus den Quellen geschöpften Arbeit, die vieles Neue und in manch’ wichtiger Frage Klarheit bringt, nicht in Abrede stellen.

Bouchard le Vénérable, Graf von Vendôme, Melun und Corbeil, war einer der Rathgeber und Getreuen Hugo Capet’s. Das Leben dieses Mannes wurde einige fünfzig Jahre später von einem Mönch von St.-Maur-des-Fossés, Namens Odo, beschrieben. Eine neue Ausgabe dieser wichtigen Quelle hat jetzt Bourel de la Roncière[3] veranstaltet. Obgleich Odo erst spät ans Werk ging, hatte er doch ziemlich viele Quellen zur Verfügung, vor allem die Urkunden seiner Abtei; er hat damit eine Erbauungsschrift zu Stande gebracht ohne besonderen historischen Werth, aber vom Standpunkt der Historiographie aus immerhin bemerkenswerth als Zeugniss eines gewissen kritischen Sinnes. So hat er versucht, das Incarnationsjahr der von ihm benutzten Urkunden, die nur das Regierungsjahr geben, zu bestimmen. Wenn er sich auch in seinen Berechnungen des öfteren geirrt hat, so muss man doch seinen guten Willen anerkennen.

Ueber den Geschichtschreiber Radulphus Glaber sind mehrere neue Arbeiten zu notiren: an erster Stelle ein kleiner glänzend geschriebener, aber oberflächlicher Aufsatz von Gebhart[4]. Verfasser untersucht den seelischen Zustand des Burgundischen Mönches und betont besonders die bei ihm so auffallende Neigung zum Aberglauben. – E. Petit[5] hat die Entstehungszeit der verschiedenen

  1. Vgl. Bibliogr. ’93, 240 f.
  2. Vgl. Bibliogr. ’92, 200.
  3. Vgl. Bibliogr. ’93, 237.
  4. Vgl. Bibliogr. ’92, 247 e.
  5. Vgl. Bibliogr. ’92, 247 k.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1893, Seite 141. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1893_10_141.jpg&oldid=- (Version vom 17.4.2023)