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dann seinem Sohn un mostro zur Frau gegeben habe – er meint Renata –[1].

Um der Ehren und des Vortheils willen hatte Ferrara die Tochter Ludwig’s XII. heimgeführt. Aber auch Frankreich sah einen Vortheil in einer Verbindung, die ihm einen Stützpunkt im Ringen gegen die kaiserliche Macht in Italien erwarb. König Franz gab der jungen Frau eine zahlreiche und ausschliesslich Französische Hofhaltung mit, gleichsam eine Colonie im fremden Lande. Sie selbst aber, durchdrungen von dem Gefühl ihrer hohen Geburt, sah sich als Vertreterin Frankreichs in Italien an und betrachtete es als ihre Hauptaufgabe, den Wünschen des Königs zu dienen. Zunächst wandte sie die stattlichen Einkünfte, über welche sie ohne Einschränkung gebot, verschwenderisch den Ihrigen zu und allen Franzosen, die an ihren Hof kamen. „Es sind Leute meiner Nation“, sagte sie; „hätte mir Gott einen Bart am Kinn wachsen lassen, so wären es meine Unterthanen“[2].

Schon in den ersten Jahren, bei Lebzeiten des alten Herzogs, erweckte diese Gesinnung und Richtung Gegensatz und Missstimmung. Die Politik Ferrara’s bedurfte der Freiheit, bald lockerer, bald fester die Verbindung mit Frankreich zu gestalten, besonders nachdem der Kaiser wieder sein Uebergewicht in Italien befestigt hatte. Auch das tägliche Leben am Hof wurde unangenehm. Herzog Alfons war der Meinung, dass die Hauptschuld an Frau von Soubise liege, der Erzieherin Renata’s und jetzt ihrer ersten Hofdame, die in dem Zwiespalt zwischen der jungen Frau und ihrem Gemahle den eigenen Vortheil sehe[3]. Aber seine Miene blieb freundlich, auch gegen die Soubise[4]: er vermied den Bruch.

  1. Francesco Maria della Rovere, angeführt von Fontana, Renata p. 31.
  2. Brantôme l. c. p. 111.
  3. Herzog Alfons an seinen Gesandten in Frankreich 1529 Juli. Fontana, Renata p. 123.
  4. Mémoires de la vie de Jehan L’Archevesque, sieur de Soubise. Mitgetheilt von Bonnet im Bulletin de la Société de l’histoire du protestantisme français, tome 23, p. 18 – – elle demeura à Ferrare neuf ou dix ans, et fut autant aymée et honorée que jamais dame françoise qui y fust, mesme du duc Alphonse, qu’on tenoit pour le plus grand personnage d’Itallye, lequel disoit n’avoir jamais parlé à une si sage et habile femme, et ne venoyt foys à la chambre de madame de Ferrare, qui estoit tous les jours,
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1893, Seite 207. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1893_09_207.jpg&oldid=- (Version vom 27.3.2023)