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principiell fast einstimmig auf ihrer Seite stand (mehrere Redner behandelten die Forderung als selbstverständlich), ist wohl sicher. Ueber die Ausführungsbestimmungen (betr. Examen etc.), von denen in dieser Zeitschrift öfter die Rede war, ist damit natürlich nichts entschieden.

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Die beiden Correferenten hatten ferner beantragt, zu erklären: eine Unterweisung über das öffentliche Leben der Gegenwart könne nur dann Nutzen stiften, wenn Studiengang und amtliche Prüfung der Lehrer, die diesen Unterricht ertheilen sollen, ausdrücklich auch auf das Gebiet der Staatswissenschaften erstreckt werden. Die Versammlung schien dieser Ansicht im allgemeinen beizupflichten.

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Prof. Kaufmann hatte ausserdem als eine unerlässliche Vorbedingung für einen gedeihlichen Unterricht gefordert, dass auf die Lehrer keinerlei Druck von politischen oder kirchlichen Behörden geübt werde und dass ihnen nicht durch eine Ueberlastung die Möglichkeit wissenschaftlicher Vertiefung und Erfrischung abgeschnitten sei. Die erste dieser Forderungen fand sich auch in einer These Prof. Egelhaaf’s wieder und wurde in der Debatte noch präciser dahin formulirt, dass besonders bei Ausdehnung des Unterrichts auf neueste Geschichte die unabhängige Stellung des Lehrers wirksamer als bisher gegen Eingriffe der Behörden gesichert werden müsse. Widerspruch erfuhr dieses Verlangen nicht; auf welche Weise aber ihm genügt werden könne, wurde nicht näher erörtert.

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Endlich wünschte Prof. Egelhaaf noch eine Art Protesterklärung, des Inhalts, dass der Geschichtsunterricht auch bisher in allen wesentlichen Punkten schon seine Aufgabe erfüllt habe. Die Kritik, die von hoher Stelle in Preussen am bisherigen Geschichtsunterricht geübt sei und die mit den Ausgangspunkt der lebhaften Erörterungen bilde, habe man, so führte Redner aus, als eine unverdiente Kränkung empfunden, und man müsse sich gegen dieselbe verwahren. Die Versammlung schien das Bedürfniss eines solchen Protestes nicht recht zu empfinden.

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Einrichtung der Universitätsseminare. Die Erörterung über die Seminarübungen hatte einen ganz anderen Charakter als jene über die Unterrichtsfrage. Während in dieser das Bedürfniss vorherrschte, zu gewissen in der Oeffentlichkeit erhobenen Forderungen principiell Stellung zu nehmen, und entgegengesetzte Anschauungen sich scharf bekämpften, tauschte man hier mehr erzählend und plaudernd Erfahrungen aus. Thesen waren überhaupt nicht aufgestellt, der Referent Prof. W. Arndt aus Leipzig behandelte das Thema wesentlich historisch, erzählte, wie es bei Ranke und Waitz gewesen, wie die „historischen Uebungen“ sich durch die Schüler von Waitz und Sybel verbreitet hätten und wie dann nach dem Muster naturwissenschaftlicher Institute die Errichtung von Seminaren, d. h. einer Handbibliothek und eines Arbeitsraumes, hinzugekommen sei und sich überall eingebürgert habe. Nach anfänglichen Bedenken habe er selbst sich doch mit den überwiegenden Vortheilen eines solchen Instituts befreundet. Er schilderte die Einrichtungen des Leipziger Seminars, erörterte die verschiedenen Methoden kritischer Uebungen, für die sich bestimmte Vorschriften nicht geben liessen, da die Individualität des Lehrers

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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1893, Seite 165. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1893_09_165.jpg&oldid=- (Version vom 22.3.2023)