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Zur Russischen Orthographie. Der im vorletzten Hefte dieser Zeitschrift (Bd. 6 pag. 373 ff.[WS 1]) geschehene Vorschlag zur Transscription Russischer Namen ist zweifellos ein entschiedener Fortschritt in dieser schwierigen Angelegenheit. Das Princip der Aussprache ist mit Recht verlassen worden, und das des buchstäblichen Ausdruckes mit Recht zum Grundgesetz erhoben. In Hinsicht der Consonanten wüssten wir auch gegen Einzelheiten kaum etwas zu erinnern. (Nur das х möchten wir einfach durch h, statt durch ch ausgedrückt sehen. Warum, da ein einziges Zeichen zur Verfügung steht, zwei anwenden?) Dagegen scheint uns in Hinsicht der Vocale der Verfasser nicht scharf genug auf das Wesen der Russischen Vocalisation eingegangen und daher nicht zu consequenten befriedigenden Ergebnissen gelangt zu sein. Das Russische Alphabet verfügt über dreizehn Vocale. Dieser scheinbar unbegreifliche Reichthum erklärt sich auf einfache Weise, sobald man berücksichtigt, dass jeder Vocal im Russischen auf doppelte Art, hart und weich, vorkommt, ein Unterschied, der für die Grammatik von grösster Bedeutung ist, da die ganze Substantiv- und Adjectivflexion wesentlich darauf beruht. Keinem Zweifel unterliegt, dass unsere Deutschen Vocale a und u der harten Form entsprechen, und dass für die weiche Form ein besonderes Kennzeichen gefunden werden muss. Herr Minzes erzielt dies durch Vorsetzung eines j, so dass er für я und ю – ja und ju schreibt. Bei der grossen Verbreitung, welche diese Schreibweise bereits gefunden hat, wollen wir hiergegen nichts einwenden, obgleich uns irgend ein über oder unter dem Vocal anzubringendes Zeichen praktischer scheinen möchte als das schwerfällige j, das zudem auch leicht die Vorstellung des Französischen weichen Zischlautes hervorruft. Aber hiervon abgesehen, müssen wir als eine Grundforderung sachgemässer Wiedergabe der Russischen Vocalisation es hinstellen, dass auch der E-, I- und O-Laut in derselben Weise wie a und u als hart und weich unterschieden werden. Dass das і und и durch i, das ы durch y wiedergegeben werden soll, ist durchaus willkürlich. Der griechische Buchstabe y ist auch im Russischen, wenn auch nur vereinzelt, in Griechischen Worten als ѵ erhalten geblieben, und in der Transscription kann daher sachgemäss das y nur für ѵ verwandt werden. Dagegen verhalten sich ы und и wie а und я, nach Ausweis der Flexionsformen, und es ist daher ы durch i und и durch ji wiederzugeben (wenn man das J-Zeichen beibehalten will). Das і, welches sich nur graphisch vom и unterscheidet, wäre gleichfalls durch ji auszudrücken; es steht bekanntlich vor Vocalen, das и vor Consonanten. Aehnlich steht es mit dem е; das gewöhnlich vorkommende Schriftzeichen ist weich, und es muss daher das е durch je wiedergegeben werden;

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Bd. 7
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1892, Seite 159. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1892_08_159.jpg&oldid=- (Version vom 15.9.2022)