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Mit unverkennbarem Geschick ging dieser an die Lösung der ihm gewordenen Aufgabe. Er suchte seinem Neffen, der an ihn ebenfalls einen hochpolitischen Brief gerichtet hatte[1], zu beweisen, dass Schweden sich militärisch wie politisch in der bedenklichsten Lage befände, da es höchstens 80 000 Mann aufzubieten vermöge, eine Truppenmacht, welche, in mehrere Armeen getheilt, zu jeder kräftigen Offensive unfähig sein, zu einem Heere vereinigt, aber den übermächtigen Gegnern die beste Gelegenheit zur Ueberschwemmung der von Truppen entblössten Provinzen darbieten würde, während andererseits noch immer im Innern des Landes eine nicht kleine Partei vorhanden sei, welche nur auf ein Signal seitens der Gegner Schwedens warte, um sich auf gewaltsamem Wege von den ihr durch den Stockholmer Staatsstreich auferlegten lästigen Schranken wieder zu befreien. Um alles in der Welt beschwöre er daher den König, sich nicht gegen ein „Arrangement“ zu sträuben, welches ihn zwar der Souveränität berauben, das Mass seiner Vorrechte und Privilegien gegen früher aber immerhin nicht unbeträchtlich vermehren werde. Denn nur durch Nachgiebigkeit könne er sich und seine Familie vor dem schlimmsten Unheil bewahren[2]. Noch kräftigerer Argumente endlich bediente sich der Prinz in einem späteren Schreiben an seine Schwester Ulrike, der er in nicht misszuverstehenden Worten mit einer „Arrondirung“ Preussens durch Schwedisch-Pommem drohte, wofern ihr Sohn sich nach wie vor gegen jede „Negociation“ ablehnend verhalte, und der er warnend zurief, man solle sich in Stockholm nicht etwa auf die Türkei verlassen, da eine Vereinbarung zwischen Russland und der Pforte nahe bevorstehe, und auch die höchst unwahrscheinliche Verzögerung des Friedensschlusses „auf die Schwedischen Affairen auch nicht den geringsten Einfluss ausüben werde“[3].

  1. Gustav an Heinrich, 3. November. Hjelt [Beilagen] S. 3–5. Gustav sagt hier u. a., dass er sich zur Aufgabe der Errungenschaften vom 19. August freiwillig nie verstehen werde. „Je préfère d’être roi d’Uplande et d’être indépendant à d’être une image sur le trône tel que l’est le roi de Pologne – – –. Je persisterai donc dans la résolution de périr plutôt que de rien changer à ce que j’ai établi ici“.
  2. Heinrich an Gustav, 6. December. [Manderström] I, 37–40.
  3. Heinrich an Ulrike, 9. December. [Manderström] I, 48–50 u. Fersen III, 485–87. – Uebrigens hatte Heinrich seiner Schwester schon am 20. November das zukünftige Geschick Schwedens bei einem Angriffe ihres Sohnes
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1892, Seite 134. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1892_08_134.jpg&oldid=- (Version vom 13.9.2022)