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Alexander der Grosse, als Sohn und Schüler eines zauberischen Astrologen[1]. Viel stärker tritt natürlich Gelehrsamkeit jeder Art in der masslos anschwellenden Lehrdichtung hervor, die unter den sonderbarsten Vermummungen Moral und Kenntnisse an den Mann zu bringen sucht. War es doch das Zeitalter der namentlich von den Dominicanern gefertigten Encyclopädien; so kann es nicht Wunder nehmen, wenn z. B. Berthold von Regensburg in seinen Predigten die Planeten und Sternbilder allegorisch verwerthet, ohne sich an den heidnischen Götternamen zu stossen[2].

Uns interessirt hier vor allem die merkwürdige Einkleidung, in welcher man das Arabische Horoskop der Religionen sammt der Nativität Christi der gebildeten und gläubigen Lesewelt des Abendlandes mundgerecht machte. Es wurde nämlich diese verfängliche

  1. Vgl. R. Schröder, Glaube und Aberglaube in den altfranzösischen Dichtungen (Erl. 1886) p. 112 ff.; von Deutschen Dichtern vgl. z. B. Wolfram von Eschenbach, Parcival V, 454; 489 ff.; 782; Ulrich von Eschenbach, Alexander (Bibl. des literar. Vereins LXXXIII, 222 ff.); über Pseudokallisthenes und die Alexandersage des MAs. J. Zacher, Pseudokall. (Halle 1867) p. 113 ff.; P. Meyer, Alexandre le Grand I u. II (Paris 1886).
  2. Vgl. die Ausgabe von Pfeiffer I (1862), 48 ff. Auch die heilige Hildegard († 1079) verwendet übrigens schon vielfach die Planeten (Migne, Patrol. lat. CXCVII, 403 ff.; 751 ff.; 775 ff.). Der Englische Dominicaner und Professor Robert Holkoth († 1349) verfolgt in seinen „praelectiones in librum Sapientiae regis Salomonis“ (Ausg. 1586, lectio 61) den mit der Sonne verglichenen Christus auf seinem Wege durch die zwölf Zeichen des Thierkreises: Zur Zeit des Paradieses stand die Sonne der Welt im Widder, um mit der Austreibung der ersten Menschen in das Zeichen des grimmen Stieres, mit der Menschwerdung als „germanus hominis“ in das Zeichen der sich umarmenden Zwillinge zu treten u. s. w. Den Schluss dieser seltsamen Allegorie bildet der Eintritt in das Zeichen der Fische am jüngsten Tag! Noch charakteristischer ist freilich die bekannte Stelle in dem Schreiben der Cardinäle zu Perugia an den neugewählten, in Frankreich weilenden Papst Clemens V. vom 8. Juni 1305: „In sede Petri residebitis fortior, lucebitis clarior – – –. In sua namque domo est unusquisque planeta potentior“. Natürlich begegnen astronomische und astrologische Kenntnisse neben vielen anderen im Meistergesang; vgl. z. B. Heinrich v. Meissen (Frauenlob, Ausg. Ettmüller 1843) p. 13; 207 f.; K. Bartsch, Meisterlieder der Kolmarer Handschrift (Bibl. des lit. Vereins LXVIII) p. 63; 225; Michel Beham im Cod. germ. Monac. 291, fol. 243 b ff.; 298 b. In eine ganz astrologische Atmosphäre geräth man bei dem dichtungsbeflissenen Rath Karl’s IV., Heinrich v. Mügeln, vgl. Schröer in den Wiener Sitzungsberr. LV (1867), 454; 474; 478 ff.; Steinmeyer in der Allg. Deutschen Biogr. XXII, 454 f.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1892, Seite 51. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1892_08_051.jpg&oldid=- (Version vom 25.2.2023)