Seite:De DZfG 1892 08 047.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

der findet da den beginnenden Verfall des Römischen Reiches beim Eindringen der Gothen und Vandalen in Italien und viele Verstörungen der heiligen Kirche et caetera“. Eine freilich nur leicht entworfene Gliederung der Weltgeschichte, die aber doch vollständig auf der Astrologie beruht und, ohne eben sehr genau zu zählen, zugleich mit wirklich epochemachenden Ereignissen sich in Einklang zu setzen versucht. So kommt Villani, allerdings auf ganz anderen Wegen als später der grosse Realist Macchiavelli, zum Beginn der neueren Geschichte mit der Völkerwanderung. Weiter zurück, zur Erscheinung Christi, wagt er sich nicht; musste ihm doch das furchtbare Schicksal des tiefgelehrten Meisters Cecco d’Ascoli, der wegen häretischen Missbrauchs der Astrologie 1327 zu Florenz verbrannt worden war, in frischer Erinnerung stehen (X, 40). Villani hütet sich, solche verrufene Pfade antichristlicher Speculation zu betreten; nur etwa eine kurze Bemerkung (II, 8), dass die Secte der Sarracenen ungefähr 700 Jahre dauern solle, rührt an jene verfängliche Geschichtsphilosophie, die unter dem Zeichen Arabischer, Averroistischer Wissenschaft an die Entstehung und das Schicksal aller Religionen den gleichen Massstab anlegte, wie an die übrigen Erscheinungen des irdischen Daseins[1].

Matteo Villani, Giovanni’s Bruder und Fortsetzer seiner Chronik (bis 1363), verurtheilt unbedingt jeden Versuch, die Geschichte wie das Einzelleben der Macht der Gestirne zu unterwerfen, gesteht aber zu, dass die Florentiner mit dieser bösen Neigung erblich behaftet seien (I, 2. IX, 1. XI, 3). Die Hinrichtung eines berühmten Astrologen vermochte so wenig wie die Stimme eines Dante und Petrarca die Italiener des 14. Jahrhunderts von ihrem Hang zur Sterndeutung und zum Averroismus zu heilen. Denn mit unerhörter Kühnheit forderten damals Gelehrte von Rang, wie Pietro d’Abano (Petrus Aponensis) und Cecco d’Ascoli das Einschreiten der kirchlichen Justiz heraus.

  1. Nach den obigen Ausführungen kann man wohl kaum mit Burckhardt II³, 286, und G. Voigt, Wiederbelebung des klass. Alterthums I² (Berlin 1880), 75 Anm. 1 den Giov. Villani als einen ernstlichen Gegner der Astrologie bezeichnen; dass mit seiner Betonung der göttlichen Allmacht und menschlichen Willensfreiheit, die „andächtige und gläubige“ Vertiefung in astrologische Forschungen im Widerspruch steht, wird übrigens schon bei Burckhardt in den Anmerkungen (II³, 350) hervorgehoben.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1892, Seite 47. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1892_08_047.jpg&oldid=- (Version vom 25.2.2023)