Seite:De DZfG 1892 08 013.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

dafür kann ich mich auf eine Autorität berufen, die man in dieser Frage gelten lassen wird. Diels sagt am Schlusse des erwähnten Artikels im Archiv für Geschichte der Philosophie: „Mögen die anderen Politien, wie man angenommen hat, zum Theil von seinen Schülern bearbeitet sein: dies Buch hat er selbst geschrieben.“ Bezeugt sind als Aristotelisch die anderen Politien – es waren im Ganzen 158[1] – ebenso gut wie die Schrift vom Staate der Athener. Wenn also das Zeugniss der Alten für die anderen Politien nichts Sicheres beweist, dann ist es auch für diese nicht entscheidend. Diels selbst lässt keinen Zweifel darüber, dass er nicht aus äusseren, sondern aus inneren Gründen Aristoteles für den Verfasser dieses Werkes hält[2].

In der That fehlt es vollständig an äusseren Gründen, nach denen die Frage der Autorschaft entschieden werden könnte. Allerdings ist die Schrift zu Lebzeiten des Philosophen entstanden. Aber gleichzeitig mit Aristoteles lebten in Athen viele Schriftsteller, die eine solche Arbeit machen konnten, unter diesen seine näheren und entfernteren Schüler. Auch der Styl beweist nach keiner Seite. Er zeigt neben einander Anklänge an Aristoteles und Abweichungen von ihm. Die Abweichungen beweisen nicht, dass Aristoteles nicht der Verfasser gewesen sein könne. Denn er kann sich in verschiedenen Schriften, je nach seinem Zwecke, eines verschiedenen Styles bedient haben. Aber ebenso wenig beweisen die Uebereinstimmungen, dass Aristoteles der Verfasser gewesen sein müsse; sie können ebenso gut dadurch hervorgerufen sein, dass der Verfasser unter dem Einflusse Aristotelischer Lehre gestanden hat.

Da objective Gründe fehlen, werden Argumente von sehr

  1. Dass Aristoteles eine so grosse Zahl von Specialarbeiten allein angefertigt habe, ist an sich unwahrscheinlich. Desshalb geben auch solche Philologen, die im allgemeinen geneigt sind, der Ueberlieferung zu glauben, zu, dass wenigstens ein Theil dieser Verfassungsgeschichten den Namen des Philosophen mit Unrecht trug. Höchst einleuchtend ist die Ansicht, die Usener (Pr. Jbb. 51, S. 18 ff.) über den Ursprung dieser Sammlung entwickelt. Er sieht in der peripathetischen Schule eine grosse Arbeitsgenossenschaft, in welcher Aristoteles jedem Schüler seine Arbeit zuwies; der Schüler hatte dann das ihm aufgetragene Werk unter Anleitung des Meisters, aber mit einer gewissen Selbständigkeit auszuführen.
  2. Z. B. äussert Diels: jeder, der die Löwenklaue erkenne, sage, dass Aristoteles die Schrift vom Staate der Athener geschrieben habe.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1892, Seite 13. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1892_08_013.jpg&oldid=- (Version vom 25.2.2023)