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er darum das Verhältniss zu seinen alten Schutzpatronen aufgegeben hätte. Als Gegengabe forderte er die Anerkennung der Thronfolge für den einzigen Spross seines Blutes, welchen er besass. Kürzlich hatte ihm eine Sklavin einen Sohn geschenkt, und da er bei seinem hohen Alter von Constantia keine Kinder mehr erwarten konnte, wollte er jenen unverhofften Spätling als seinen Erben bestätigt sehen. Constantin selbst war vor der Ehe seines Vaters geboren und ebenso sein eigener Sohn Crispus, aber das gesetzliche Concubinat, dem beide entsprossen waren, stand in seinen Augen und in denen der Welt unendlich hoch über dem rohen Verhältniss eines Herrn zu seiner Magd. Trotzdem willigte er ein, das Sklavenkind durch kaiserliches Rescript zum Adoptivsohne seiner Schwester zu[WS 1] machen[1].

Schwieriger gestaltete sich die Frage nach der Stellung des ältesten Augustus, welche jetzt Constantin, gestützt auf den Beschluss des Senates, für sich in Anspruch nahm. Dass man das ausschliessliche Recht der Gesetzgebung nicht in den Händen eines Maximinus lassen dürfe, war klar; ging man aber einmal von der Rangfolge ab, welche durch die Zeit der Thronbesteigung gegeben war, so kam Licinius, der an Jahren fast doppelt so alt war, wie seine Mitregenten, unstreitig der Vorrang zu. Wenn der zufällige Umstand, dass ein Kaiser Rom in seiner Gewalt hatte und in Folge dessen jedes beliebige Votum von dem Senate zu erpressen vermochte, ein so wichtiges Recht verleihen konnte, so war Maxentius legitimer gewesen, als irgend einer der anderen Herrscher. Freilich hatte Constantin diesem die Rechte des Blutes, auf denen sein eigenes Legitimitätsprincip beruhte, jetzt absprechen lassen, indem er die Mutter des Verstorbenen zu der Lüge zwang, Maxentius sei nicht der Sohn Maximians, sondern ein untergeschobenes Kind gewesen[2]. Aber wenn dem Senat die Befugniss zustand, die höchste Stelle im Kaisercollegium und folglich auch das Kaiserthum selbst durch seine Beschlüsse zu verleihen, so war mit jenem Betruge nichts gewonnen. Diese Gründe dürfte Licinius geltend gemacht haben, obgleich er nicht soweit ging, die Umstossung des Senatusconsultes

    persecutorum beide Kaiser durchaus in gleichem Sinne als Schützer der christlichen Religion, und entsprechend Euseb. h. e. IX, 9, 1; X, 4, 16.

  1. Zeitschr. f. wissensch. Theolog. XXXIII, S. 73 ff.
  2. Eumen. Paneg. IX, 3; 4; Anon. Vales. 4, 12; Vict. epit. 40, 13.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: zn
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1892, Seite 324. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1892_07_325.jpg&oldid=- (Version vom 3.2.2023)