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nicht minderte, sondern erhöhte[1]. Dass Blutsverwandtschaft und Verschwägerung wieder in ihre Rechte eingesetzt wurden, war nur ein Zurückgreifen auf Diocletian’s frühere Pläne. Dagegen fiel der Termin der Vicennalien und die Künstlichkeit der vierfachen Abstufung nach dem Alter der Augusti und Cäsares. Denn die vier jüngeren Herrscher sollten gleichstehen und ihre Bezirke selbständig von einander verwalten. Brach ein Conflict zwischen ihnen aus, so sollte nicht der jedesmal ältere der Streitenden zu befehlen haben, sondern die Entscheidung des obersten Augustus sollte angerufen werden. Da dieser durch seine Loslösung von den einzelnen Reichstheilen von allen Particularinteressen frei war, durfte man bei ihm Unparteilichkeit voraussetzen. Verweigerte ihm ein College den Gehorsam, so besass er zwar keine selbständige Macht, um ihn zu erzwingen, aber in der Regel mussten ihm die übrigen drei Augusti mit ihren Heeren zur Verfügung stehen. Ohne Zweifel war auch dieses System etwas künstlich ausgeklügelt, doch wenn man die Theilung der Kaisergewalt als etwas Unvermeidliches betrachtete, so war es unter den gegebenen Umständen das denkbar beste. Die Reibungen zwischen den zahlreichen Herrschern konnte es zwar nicht ganz aufheben, musste sie aber wesentlich vermindern, und was die Hauptsache war, es schloss sich aufs engste an die bestehenden Zustände an und suchte diese nur in eine dauernde Form zu bringen. Denn vier Kaiser, von denen jeder seinen Reichstheil ohne Rücksicht auf den andern beherrschte und die alle mit Ausnahme Maximian’s, bei welchem solche Wünsche noch nicht öffentlich hervorgetreten waren, den Augustustitel für sich in Anspruch nahmen, hatte man ja schon thatsächlich, und zu ihnen war kürzlich der fünfte hinzugetreten, welcher kein eigenes Gebiet besass, aber durch seine Vergangenheit zu einer Oberherrschaft über die andern wohl befugt erschien.

Dieser Plan wäre also nicht so übel gewesen, doch stiess er schon bei Maximian auf Schwierigkeiten. Die Stellung des beherrschenden Oberkaisers wollte er sich zwar gern gefallen lassen, im Uebrigen aber war er von der Trefflichkeit des Diocletianischen Systems zu fest überzeugt, um mehr, als

  1. Dass für die Folgezeit von einer Abdankung der Kaiser nicht mehr die Rede sein sollte, sagt Eumen. Paneg. VI, 9.
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1892, Seite 280. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1892_07_281.jpg&oldid=- (Version vom 1.2.2023)