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Provinzialen ein Uebergewicht über seine Collegen verliehen hätten. Gesetze und Verordnungen wurden mit den Namen aller vier Herrscher überschrieben und galten also formell als ihr gemeinsames Eigenthum; doch behielt sich den Erlass der ersteren auch jetzt Diocletian allein vor, während die letzteren auch den Caesares gestattet waren[1] Jeder der Viere hatte seinen Präfectus Prätorio zur Seite[2] und gebot innerhalb seiner Grenzen so selbständig, wie es früher die beiden Augusti gethan hatten; doch waren diesen die Caesares und ausserdem noch Maximian seinem älteren Collegen zum Gehorsam verpflichtet.[3].

Schon damals scheint Diocletian die Absicht gehegt zu haben, dass dereinst beide Caesares gleichzeitig die Oberherrschaft übernehmen sollten. Ob er sie sich in der Form erfüllt dachte, dass bei dem Ableben des einen Augustus der andere die Regierung niederlege, oder durch eine gleichzeitige Abdankung beider, wie sie später eintrat, muss unentschieden bleiben[4]. Constantius ernannte er zum älteren Caesar und designirte ihn dadurch für die Zukunft zum älteren Augustus. Formell liess sich dies durch seine frühere Verwandtschaft mit dem Kaiserhause, vielleicht auch durch sein höheres Lebensalter begründen; doch war der Zweck jedenfalls, dass auch künftig der Stillere und Bedächtigere das entscheidende Wort haben und der feurige Galerius ihm als Werkzeug dienen solle. Auch in dieser Beziehung wollte Diocletian das Verhältniss, welches zwischen ihm und Maximian

  1. Zeitschr. f. Rechtsgesch. X S. 177.
  2. Dass den Caesares der Praefectus Praetorio nicht fehlte, zeigt das Beispiel des Constantius. Eutrop. IX 22, 2; Vict. Caes. 39, 42; Zon. XII 31. Für die Augusti bedarf es keines Beweises.
  3. Dass Maximinus Daja, nachdem er bereits zum Augustus erhoben war, dennoch den Befehlen des älteren Kaisers Galerius den Gehorsam nicht versagen durfte, ist ausdrücklich überliefert. Euseb. hist. eccl. IX 1, 1. Ohne Zweifel geht dies bereits auf die Diocletianischen Einrichtungen zurück. Vgl. Lact. 15; Julian. Caes. p. 315 A.
  4. Das consilium olim inter vos placitum, von dem Eumenius (paneg. VI 9) in Bezug auf die Abdankung redet, kann sich auf beides beziehen. Es beweist nur, dass der Plan einer Abdankung, in welcher Form es immer sei, schon lange vor seiner Ausführung gefasst war. Jedenfalls wusste man in den Provinzen noch Ende 303 nichts davon, dass die Augusti in nächster Zeit zurückzutreten gedächten. Denn bei der Vicennalienfeier Diocletians finden wir auf einer Numidischen Inschrift noch Heilswünsche für das folgende Jahrzehnt seiner Herrschaft ausgesprochen. CIL. VIII 4764. Vgl. auch Eumen. paneg. VI 8.
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1892, Seite 71. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1892_07_071.jpg&oldid=- (Version vom 30.1.2023)