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und keiner Usurpationsgelüste verdächtig waren, für alle Fälle zur Hand hatte. Maximian willigte ein; hatte er selbst doch schon eine Persönlichkeit ausgefunden, die er, falls beim Ableben Diocletians sein Sohn noch nicht volljährig war, wahrscheinlich zu seinem Mitregenten ernannt hätte. Auch dies war ein Emporkömmling, der auf der gleichen Bildungsstufe stand, wie seine Kaiser[1], Flavius Constantius, ein Mann von stiller Pflichttreue und geringem Ehrgeiz, sehr geeignet, jeden Auftrag tüchtig und erfolgreich auszuführen und sich zugleich willig unterzuordnen. Schon seit Jahren bekleidete er bei Maximian die Vertrauensstellung des Gardepräfecten[2]; als solcher hatte er einen glücklichen Feldzug gegen die Franken geleitet und die Stieftochter seines Herrn, Theodora, zur Gattin erhalten. Diocletian fügte ihm einen Genossen von sehr verschiedener Art hinzu, Galerius, der jetzt des guten Omens wegen den Namen Maximians annehmen musste[3]. Ein Tropfen barbarischen Blutes floss damals wohl in den Adern sämmtlicher Kaiser, doch bei den übrigen war dies wenigstens nicht mehr nachzuweisen; von diesem wusste man dagegen, dass erst seine Mutter über die Donaugrenze in das Reich eingewandert war, und immer sind die Sitten und Anschauungen des civilisirten Römerthums dem Halbbarbaren fremd und verhasst gewesen[4]. Ungebildet waren auch seine Collegen, aber sie trugen den Forderungen der Zeit doch soweit Rechnung, dass sie sich hin und wieder beim Vortrage rhetorischer Prunkstücke mit Anstand langweilten und literarische Talente sogar ehrten und beförderten[5]; Galerius hasste die Schönrednerei, welche damals jedem Römer als die höchste Blüte des geistigen Lebens erschien, und verfolgte ihre Pfleger[6]. Mit Recht und Verfassung des Reiches experimentirte Diocletian pietätlos genug; sein Caesar aber erkannte überhaupt kein Recht und keine Verfassung an: er sprach es offen aus, dass nach dem Vorbilde des Perserkönigs

  1. Vict. Caes. 39, 26; 40, 12.
  2. Eumen. paneg. II 11 qui circa te potissimo funguntur officio. Damit kann nur die Präfectur gemeint sein. Der Cursus honorum des Constantius, welchen Anon. Vales. 1, 1 gibt, ist also falsch oder doch unvollständig.
  3. Lact. de mort. pers. 18.
  4. Lact. l. l. 9; 23; 27.
  5. Den Beweis liefert die Geschichte des Eumenius, Jahrbb. f. class. Philolog. 1888 S. 713 ff. Vgl. Eumen. paneg. IV 5; 19.
  6. Lact. l. l. 22.
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1892, Seite 67. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1892_07_067.jpg&oldid=- (Version vom 30.1.2023)