Seite:De DZfG 1892 07 051.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

und sich immer wieder aufhebender Gesetze und Verordnungen ist daher die Signatur des ganzen vierten Jahrhunderts. Wenn also Diocletian der erste war, in dem dieser neue Zeitgeist seine volle Verkörperung fand, so that er damit nichts anderes, als was alle seine Nachfolger thaten und was seine Zeitgenossen von ihrem Kaiser erwarteten und verlangten. Und er that es trotz aller Härten und Fehlgriffe mit soviel Geist, dass seine Ideen allgemeine Bewunderung fanden und noch ferne Geschlechter unter ihrem Banne erhielten. Wir, die wir vom Standpunkte der Nachwelt aus alle Folgen seines Thuns überschauen können, haben ein Recht, ihn streng zu beurtheilen; doch sollen wir dabei nie vergessen, dass er den Besten seiner Zeit genug gethan hat und aus diesem Grunde für alle Zeiten Anerkennung heischen darf.

Ziele und Wirkungen seiner überhasteten Reformpolitik im Einzelnen zu besprechen, ist hier nicht der Ort; wir verweilen nur bei seiner Thronfolgeordnung. Die erste und dringendste Aufgabe, welche sich der Herrscher gestellt sah, bestand darin, das Zeitalter der Militärrevolten endlich abzuschliessen und eine dauernde Regierung zu begründen. Der erste Caesar hatte nach dem Titel eines erblichen Königs von Rom gestrebt, um so für seine Alleinherrschaft den einzig angemessenen und jedermann verständlichen Ausdruck zu schaffen; er war untergegangen, weil seine Zeit wohl das Wesen, aber noch nicht den Namen der Monarchie ertrug. Hierdurch belehrt, hatte sein Nachfolger sie in eine Form gegossen, welche sich scheinbar den republicanischen Institutionen einfügte. Augustus schuf für sich kein Amt mit festem, einheitlichem Namen und klar umgrenzten Befugnissen, wie es Consulat, Dictatur oder auch das Königthum waren, sondern er liess sich verschiedene Aemter und Rechte übertragen, von denen kein einziges in der Republik ohne Beispiel war, die aber freilich in ihrer Gesammtheit ihrem Inhaber eine Macht verliehen, welche ihn hoch über alle ordentlichen Magistrate erhob. Die Handhabe dazu bot eine Fiction, welche in den vorausgegangenen Bürgerkriegen ihre Rechtfertigung fand. Man nahm an, der Staat befinde sich im Zustande ungewöhnlicher Gefahr, die nur durch eine übermenschliche Kraft abzuwenden sei; eine solche biete sich dar in dem Sohne des Divus Julius, der göttlichen Blutes und selbst bestimmt, dereinst unter die Götter aufgenommen zu werden, einstweilen von ihnen gesandt

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1892, Seite 51. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1892_07_051.jpg&oldid=- (Version vom 29.1.2023)