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in der That nicht mehr möglich. Die Flucht des Französischen Heeres konnte nur über den Tessin stattfinden, der oberhalb und unterhalb der Stadt Pavia überbrückt war[1]. Die südliche Brücke hatte der mit der Nachhut fliehende Herzog von Alençon hinter sich abbrechen lassen, zwischen der nördlichen und dem Französischen Heere befand sich Leyva mit der Besatzung von Pavia. Trotzdem war es des Königs Absicht, zu fliehen[2]; er wusste ja natürlich nicht, dass keiner der beiden Uebergänge die Möglichkeit zur Flucht mehr bot. Der Mantuanische Gesandte im kaiserlichen Lager, Capino da Capo, schreibt am 28. Februar an seinen Herrn[3]: „Il bon Re cristianissimo fece testa con il resto de la nobilità de Franzesi, non [con?] che li era avanzato, cercando de salvarse.“ Caravajal, der die Schlacht im Dienste des Marchese del Guasto mitmachte und später als Dominicanermönch unter dem Namen „Bruder Juan de Oznaya“ diese Ereignisse aufzeichnete, berichtet[4]: „Als der König von Frankreich sah, dass er seine Schweizer, die Truppe, auf die er in der Schlacht am meisten gezählt hatte, nicht wieder zur Umkehr bewegen konnte, und da er schon deutlich seinen Untergang voraussah, gedachte er sich zu retten und nahm den Weg nach der Tessinbrücke (pensò procurar de ponerse en salvo, y toma el camino de la puente del Tesin).“ In Frundsberg’s Bericht an den Erzherzog Ferdinand, der uns nur in einer gleichzeitigen Französischen Uebersetzung erhalten ist, heisst es[5]: „Nos gens a Chevaulx suivoient tousjours aigrement et vaillament les Ennemis et si avant, qu’ils trouvarent le Roy de frances, qui se portoit si vaillament, que plus l’on ne pourroit.“ Hieraus geht hervor, dass der König sich auf der Flucht befand und auf derselben eingeholt wurde. Franz I., dessen Wahrhaftigkeit schon bei seinen Zeitgenossen in nicht allzu hohem Rufe stand, machte allerdings aus der Noth eine Tugend: in einem Briefe an

  1. Ueber den Gang der Schlacht hat Häbler, Forschungen zur Deutschen Geschichte XXV (1885) S. 511 ff. einen genauen Bericht gegeben.
  2. Es war in diesem Fall klug und patriotisch gehandelt, zu fliehen; denn erst durch des Königs Gefangennahme gewann die Schlacht bei Pavia entscheidende Bedeutung. Siehe jedoch Champollion-Figeac, La Captivité de François I p. XVII.
  3. Magenta, I Visconti e gli Sforza nel castello di Pavia II, 547.
  4. Coleccion de documentos ineditos XXXVIII (1874) p. 289 ff. Die angeführte Stelle p. 390. Aus Caravajal schöpfte Sandoval, Vida y hechos de Carlos V (Valladolid 1604) XII § 16, Randbemerkung und XII § 31.
  5. Bucholtz, Geschichte Ferdinand’s I. Bd. IX, 1 ff.
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1891, Seite 367. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1891_06_367.jpg&oldid=- (Version vom 24.1.2023)