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Dem Kaiser war seit dem Sommer 1534 durch den von neuem drohenden Conflict mit Frankreich und die gefährliche Ausbreitung der Macht Barbarossa’s an der Afrikanischen Küste die vorsichtigste Zurückhaltung in den Deutschen Dingen auferlegt worden. Das Ausschreiben, welches er am 5. Januar 1535 aus Madrid an die Stände des Reichs erliess, ging in der Nachsicht gegen die Ketzer noch weit über das ihnen im Jahre 1532 gewährte hinaus. Wenn er da erklärte, viele hätten in Sachen der Religion gegen die früheren Reichsabschiede gefehlt, er wolle aber Milde gegen sie üben, wenn sie sich nur weiterer Neuerungen enthielten, so war damit doch deutlich genug gesagt, dass es dem Kaiser ebensowohl an der Macht fehlte, die in Regensburg und Nürnberg aufgerichteten Schranken zu behaupten, wie er früher ausser Stande gewesen war, den Augsburger Abschied durchzuführen. Zugleich erhielt Graf Roeulx Auftrag, den Lutherischen Fürsten und Städten in des Kaisers Namen ausdrücklich zu versichern, dass es seine Absicht nicht sei in Glaubenssachen Gewalt anzuwenden. Seinem Bruder aber schärfte Karl immer wieder ein alles aufzubieten, damit Deutschland ruhig bleibe und die Abgefallenen ja nicht in neue Verbindungen mit Frankreich treten. Besonders die Gewinnung des Landgrafen Philipp und die Erhaltung der Baierischen Freundschaft wurde König Ferdinand fast in jedem Briefe ans Herz gelegt[1].

Diese Haltung des Kaisers musste natürlich die Ausbreitung des Protestantismus mächtig befördern; was auch das Kammergericht gegen Einzelne der Abtrünnigen unternahm, man wusste, dass ihm der Nachdruck der kaiserlichen Macht fehlte. So war

    zu werden, dass der Kaiser, obwohl ihm doch an dieser Sache so viel lag, auch hier seine Deutschen Freunde durch langes Zögern ärgerte. Die entscheidenden Verhandlungen hatten in den ersten Tagen des Januar 1535 in Donauwörth beginnen sollen, aber am 10. Januar musste König Ferdinand den Baierischen Herzögen bekennen, er warte leider noch immer auf des Kaisers genauere Weisungen, „nit one sunder Befremden des langen verzugs“. Bekanntlich wurde der sogen. „kaiserliche Bund“ dann doch am 30. Januar 1535 auf neun Jahre in Donauwörth abgeschlossen. Siehe das Instrument bei Spiess, Geschichte des kayserlichen neunjährigen Bunds S. 57 ff. Dieser Bund versuchte lediglich Zwistigkeiten unter seinen Gliedern beizulegen, ohne auch nur damit Erfolg zu haben.

  1. Namentlich in den Briefen vom 16. Januar, 18. Februar und 10. Mai 1535 (Wiener Archiv).
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1891, Seite 274. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1891_06_274.jpg&oldid=- (Version vom 21.1.2023)