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Anwesenheit begangen sind, als schwerer Burgfriedensbruch principiell mit Todesstrafe geahndet; die Folge aus der Vorstellung des Volksrechts würde sein, dass die öffentliche Geldbusse des Königsbannes auf dieselben Vergehen erfolgte, weil von altersher Verbrechen, die ausserhalb des Königshofes, aber in der persönlichen Nähe des Königs begangen sind, mit dieser Geldbusse geahndet werden. Thatsächlich finden wir im 10. und 11. Jahrhundert in den Städten die letztere Strafbestimmung herrschend, welche dem Volksrecht entspricht; aber seit dem 12. Jahrhundert „tritt die peinliche Strafe in den Vordergrund“, welche dem Amtsrecht entspricht und „die Vollendung des Weichbildrechts bedeutet“.

Alle specifischen Erscheinungen des Markt- und Stadtrechts erklärt Sohm aus dieser Doppeltheorie des königlichen Eigenthums an der Stadt und der Anwesenheit des Königs in derselben: die zum Markt reisenden Kaufleute haben Königsschutz und -frieden, weil sie zum Könige reisen; als des Königs Burg ist das Marktstadtgebiet eine Freistatt und von der Gewalt des öffentlichen Gerichts, des Landgerichts, kraft öffentlichen Rechts ausgenommen; auch wenn der Markt vom Könige einem anderen Herrn überlassen worden, bleibt doch die Gewalt desselben über die Stadt eine vom König abgeleitete, gilt doch die Stadt immer als Königsburg, alle Marktgerichte, alle Stadtgerichte sind königliche Gerichte, in Folge dessen ist der ordentliche Stadtrichter, der Schultheiss (Amtmann, Villicus) stets ein öffentlicher Beamter u. s. w.




Wir übersehen jetzt die Ausführungen Sohm’s zur Genüge, um zu erkennen, dass die Grundanschauung desselben jene Doppeltheorie von der Anwesenheit des Königs in der Marktstadt und von der Eigenschaft der Marktstadt als Königsburg ist. Mit dieser haben wir es zu thun, denn mit ihr steht und fällt Sohm’s ganzes System vom ersten bis zum letzten Satz. Man sollte meinen, eine so wesentliche Grundanschauung müsste auf einigermassen sicherem Boden stehen. Das ist indess durchaus nicht der Fall. Vielmehr befinden wir uns auf dem schwankenden Boden von Combinationen, denen nicht nur wesentliche thatsächliche, sondern auch logische Elemente und Zwischenglieder

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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1891, Seite 259. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1891_06_259.jpg&oldid=- (Version vom 21.1.2023)