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man Hoffnung auf Aussöhnung mit dem zarischen Hofe. König Friedrich beauftragte den General von Wylich, dem Russischen General, mit welchem dieser über die Auswechselung von Gefangenen zu verhandeln hatte, zu erzählen, Frankreich sei bereit, Frieden zu schliessen, die Russen würden schliesslich noch von ihren Verbündeten im Stich gelassen werden. Die Art und Weise, wie die Oesterreichischen Generale sich im letzten Feldzuge benommen, sei ein Beweis, wie wenig Rücksicht sie den Russen gegenüber brauchten[1].

Auch wandte sich der Englische Gesandte am Preussischen Hofe, Mitchell, an seinen Petersburger Collegen, Keith, um diesem von dem Wunsch des Königs, den Grosskanzler Woronzow zu gewinnen, Kenntniss zu geben; Keith möchte sich auch informiren, ob der Grosskanzler oder andere einflussreiche Leute nicht geneigt wären, ein Geschenk anzunehmen, und wie viel Geld man für diesen Zweck anwenden solle.

Am 4. December überreichte Keith in Petersburg die den Friedenscongress betreffende Declaration. Sie soll zuerst nicht ungünstig aufgenommen worden sein[2], allein am 12. December wurde ihm eine Antwort ertheilt, die an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig liess[3]. Die Zarin, hiess es darin, bedaure zwar recht sehr das viele Blutvergiessen, aber die Ruhe von Europa werde dauernd nur dann wieder hergestellt werden, wenn den beleidigten Theilen eine gerechte und hinlängliche Genugthuung verschafft würde.

Die Entschädigung, an welche Russland schon damals dachte, würde Friedrich dem Grossen ein Opfer zugemuthet haben, das dieser wohl kaum in der verzweifeltsten Lage gebracht haben würde. Der Petersburger Hof wollte als Preis des Friedens die Abtretung des Preussischen Preussens, das heisst also ungefähr das Gebiet des heutigen Ostpreussens[4]. So wenig dem Wiener Hofe eine derartige Vergrößerung Russlands genehm war, so richtig man dort erkannte, dass Friedrich alles aufbieten würde, um das Land, auf dem sein Königstitel beruhte, zu behalten, so konnte man doch nur mit grösster Vorsicht versuchen, die Russen, die sich als die nützlichsten Bundesgenossen erwiesen hatten, anspruchsloser zu stimmen.

Während nun zwischen Wien und Petersburg über den Preis der

  1. Mitchell an Keith, Görlitz, den 15. Nov. 1759. (Memoirs and papers of Sir Andrew Mitchell – den sogenannten Mitchell Papers –, herausgegeben von Bisset. Vol. II.)
  2. Schäfer II, 1, 450.
  3. Abgedruckt in den sogenannten Danziger Beiträgen (Beyträge zur neueren Staats- und Krieges-Geschichte) X, 132 und 133.
  4. von Arneth, Geschichte Maria Theresia’s VI, 78 ff.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1891, Seite 95. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1891_06_095.jpg&oldid=- (Version vom 10.1.2023)