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Rhodopegebirge (Despoto-Dagh) mit dem „Thrakischen Randgebirge“, das gewönlich Istrandscha-Dagh genannt wird[1].

Diese Kette wird in der Hauptsache nur von zwei grossen Flussläufen, auf eine Strecke von wenig über 5 Dt. g. Meilen durchbrochen, durch die von Westen kommende Maritza (den alten Hebrus) und die Tundscha (den alten Tonsus), die von Norden kommt und bei Adrianopel in die Maritza mündet. In dem Stromgebiet der Maritza und der Tundscha liegen die Uebergänge nach Adrianopel. Diese Linie musste wennmöglich gewonnen werden.

Valens liess die Hauptmasse seiner Truppen mit den nöthigen Anweisungen an dem alten Lagerplatz und rückte nur mit einem Theil, dabei Sebastianus und seine Kerntruppe, auf der grossen Heerstrasse nach Sirmium vorwärts bis beinahe 4 Meilen vor Adrianopel, zu dem kleinen Orte Nike oder Nice, der nach einem Siege des Constantinus so getauft war[2]. Ob

  1. Theob. Fischer, Die Südosteuropäische (Balkan-) Halbinsel in „Unser Wissen von der Erde“ 1890 S. 257.
  2. Ammianus 11, 2: Valens’ persönliche Oberleitung bei diesem Vorstoss bestätigt durch Socr. IV, 38; Soz. VI, 40. Zosimus’ Schweigen darüber (IV, 23) erklärt sich aus der Parteinahme seines Gewährsmannes für Sebastianus. – Die statio Nice begegnet häufig in der patristischen Literatur und wird gewöhnlich in die Nähe von Adrianopel versetzt; nur eine einzige Stelle ermöglicht uns aber, seine Lage genauer zu bestimmen. Hilarius Frgm. VIII (Migne P. L. X S. 690): cum consedissent episcopi mansionis Nicaeae, quae antehac Ustodizo vocabatur, in provincia Thracia. Demnach ist also Nice oder Nike mit Ostudizus, das an der grossen Heerstrasse Constantinopel–Sirmium 18 mpm. (3 3/5 Dt. g. Meilen) vor Adrianopel liegt (Itin. Ant. 137), gleichzusetzen. Wenn nach Ammianus XXXI, 12, 3 die Gothen 15 mpm. von Adrianopel entfernt sich anschicken, Nice anzugreifen, so lässt sich das sehr wohl damit vereinigen. Dasselbe Nice nennt auch das Itinerarium Hierosolymitanum 569, doch sind hier gerade vor dieser Station eine civitas (Hadrianopolis) und eine mutatio ausgefallen (vgl. u.); ausserdem muss mit den besten Handschriften ebd. Arbodizo für Tarpodizo gelesen werden, vgl. W. Tomaschek, Zeitschr. f. d. Oesterr. Gymnasien XVIII (1867) S. 711 f. – Der Zeitpunkt von Valens’ Abmarsch aus Melanthias lässt sich ungefähr auf die erste Hälfte Juli bestimmen. Valens trifft am 11. Juni erst in Melanthias ein (vgl. o.) und hält sich einige Zeit dort auf (Ammianus 11, 1). Auf den Marsch bis Nice, 26 Dt. g. Meilen (Itin. Ant. 137. 138) müssen wir etwa 6 Tage rechnen (Jireček, Heerstrasse 48), auf den weiteren Vormarsch mindestens 4 Tage (vgl. u.). Ausserdem ist Valens spätestens in den ersten Augusttagen wieder auf dem Rückmarsch gegen
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1891, Seite 9. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1891_06_009.jpg&oldid=- (Version vom 5.1.2023)