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auch eine treffliche Studie über die alte Klosterbibliothek, welche jetzt theils in Valenciennes, theils in der Pariser Nationalbibliothek aufbewahrt wird. – Führen wir noch eine Abhandlung des Abbé U. Chevalier an, betitelt: La plus ancienne chronique de l’église de Vienne[1]; sie ist nach einer Handschrift saec. 10 in Bern wiedergegeben und bietet ein gewisses Interesse für die alte Geschichte der Provinzen Arles und Vienne.

11. und 12. Jahrhundert. Das Leben des hl. Hugo, Abtes von Clugny, von P. Lhuillier, ist weniger ein Geschichtsbuch als ein Panegyricus[2]. Der Verfasser nimmt ganz in der Auffassungsweise älterer Zeit ohne Zaudern die phantastischsten Erfindungen der Legendenschreiber des 11. Jahrhunderts an; doch ist aus dem dicken Bande eine gute Studie über Gilo’s bis auf Lhuillier nicht benutzte Biographie des hl. Hugo hervorzuheben. Das Buch ist übrigens interessant zu lesen und gibt eine sehr sorgfältige Uebersicht über die Schriften der alten Hagiographen. – Das Werk P. Ragey’s über den hl. Anselm[3] ist wissenschaftlicher; man findet darin zwar breite und überflüssige Auseinandersetzungen, aber der Verfasser hat es doch verstanden, ein hinlänglich klares und im ganzen interessantes Bild von der Thätigkeit dieses grossen Heiligen zu entwerfen, der zu den regsten Geistern seiner Zeit zählte und noch heute einer der am besten bekannten Philosophen des Mittelalters ist. – Weniger wichtig ist sicherlich die Biographie des Dichters und Bischofs von Rennes, Marbod, von L. Ernault[4]. Verfasser hat es nicht vermocht, ein kritisches Verzeichniss der Werke dieses Mannes herzustellen; doch muss man anerkennen, dass er umfassender als seine Vorgänger das Leben des Prälaten studirt hat.

Die Jahrbücher der Regierung Ludwig’s VI. von Luchaire nehmen unter den Erscheinungen des Jahres 1890 eine hervorragende Stelle ein[5]. Das Werk besteht aus zwei getrennten Theilen: einer umfangreichen Einleitung und Regesten. Diese letzteren sind nicht ganz vollständig; man merkt, dass der Verfasser sich nicht an jene Genauigkeit gewöhnt hat, welche man heutzutage von einem Gelehrten verlangt. In der Anordnung der Verweisungen und in den Urkundenauszügen zeigt sich bisweilen eine gewisse Unerfahrenheit. Gleichwohl

  1. Bulletin d’histoire ecclés. du diocèse de Vienne, Valence etc. 1890, sept.–oct.
  2. Vgl. DZG III, 223 u. Bibliogr. ’89, 261 u. ’90, 861.
  3. Histoire de S. Anselme, archev. de Cantorbéry. Paris et Lyon, Delhomme. 2 vol. 556; 499 p.
  4. Vgl. Nachrr. ’90, 136 e.
  5. Vgl. Bibliogr. ’90, 867.
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1891, Seite 195. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1891_05_195.jpg&oldid=- (Version vom 21.12.2022)