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damit Guelfisch geworden[1]. Nichtsdestoweniger begannen die Alliirten ihren Zug gegen die unglückliche Stadt. Alle Florentiner mussten sie am 10. November verlassen. Unter der Führung des Hauptmanns der Tuscischen Taglia, Nello J. de’ Pannochieschi, zogen die Florentiner und Sienesen von Südwesten her aus dem Gebiete von Volterra in das Thal der Era, während die Lucchesen von Nordosten her vordrangen. Zahlreiche Burgen und Ortschaften fielen den Alliirten in die Hände. Der Bischof von Volterra, der von den Pisanern viel zu leiden gehabt hatte, übergab den Florentinern allein sechsundzwanzig Castelle. Doch kam es beim Herannahen des Winters zu keinem Angriff mehr auf die Stadt Pisa selbst. Er sollte im nächsten Frühjahre erfolgen.

Diesem Angriffe die Spitze abzubrechen, war die überaus schwierige Aufgabe des neuen Podestà von Pisa. Er, der Führer der numerisch schwachen Partei der Guelfen, war zwar jetzt auch von den in der Genuesischen Gefangenschaft schmachtenden Ghibellinischen Adlichen als Helfer in der Noth anempfohlen worden. Aber durfte er seine alten politischen Gegner jetzt so rasch in die Heimath zurückkehren lassen und hier seine Feinde damit verstärken? War doch der mächtige Erzbischof der Stadt ein enragirter Ghibelline. Er that also in dieser Richtung zunächst nichts und suchte nur seine persönliche Stellung zu befestigen. Im Februar 1285 liess er sich desshalb zum Podestà und Volkshauptmann seiner Vaterstadt auf zehn Jahre ernennen und nahm gegen das Ende dieses Jahres seinen kaum der Minorennität entwachsenen Neffen Nino Visconti, Judex von Gallura, zum Mitherrscher in das Stadtregiment auf. Darauf suchte er das Bündniss der Feinde seiner Heimath zu lockern. Er begann bei den Florentinern. Unter ihnen hatte er persönliche Freunde

  1. Bis 1278 war Ugolino in offener Feindschaft mit Pisa gewesen. Da hatte unter Anderen der von Dante (Purgatorio c. 6) genannte Rechtsgelehrte und Dichter Marzucco degli Scornigiani den Frieden mit den Guelfen Tusciens und seine Aussöhnung mit der Vaterstadt zu Stande gebracht (Fragmenta hist. Pis. bei Muratori SS. XXIV, 646). Ugolino hatte sich in der Schlacht bei Meloria gerettet. Dass er seine Landsleute hier verrathen habe, hat nur der Parteihass erfunden. Die Familie war ursprünglich Ghibellinisch, wie denn ein Onkel Ugolino’s mit Conradin in Neapel enthauptet wurde.
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1891, Seite 86. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1891_05_086.jpg&oldid=- (Version vom 4.11.2022)