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bestimmte Vorschläge gemacht, welche am 30. Aug. die kgl. Genehmigung erhielten. Mit der Ausführung wurde der Cultusminister beauftragt und dieser hat dann die Erlasse an die Provinzialschulcollegien mitgetheilt, mit dem Bemerken, dass zur Durchführung derselben im Einzelnen Männer verschiedener Lebensstellungen zu gemeinsamer Berathung über die Aenderung der Schullehrpläne berufen werden sollen. Ebenso ist an die Regierungen entsprechende Weisung gegeben.

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Die grundlegenden Bestimmungen beziehen sich zunächst auf den Unterricht in den Lehrerseminaren, deren Zöglinge durch Einführung in die elementaren Grundsätze der Volkswirthschaft und durch Erweiterung des histor. Unterrichts befähigt werden sollen, künftig ihre Schüler vor dem Einfluss socialdemokrat. Ideen zu schützen. Als Grundlage für diesen Seminarunterricht dienen zwei inzwischen schon erschienene Hefte „Ergänzungen zum Seminarlesebuche“, das eine vaterländ.-geschichtl., das andere bürgerlich-haushälterischen Inhalts.

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Für die niederen Schulen wird dann weiter bezüglich des Geschichtsunterrichts bestimmt: 1. die vaterländ. Geschichte ist bis zum Regierungsantritt des jetzigen Kaisers weiterzuführen; 2. der Unterricht ist sowohl auf d. Mittel- als auch auf d. Oberstufe zu geben; 3. in demselben sind auf d. Oberstufe die Verdienste d. Preuss. Könige um das Volkswohl besonders hervorzuheben; 4. wo die besonderen Verhältnisse einer Schule Kürzungen nöthig machen, dürfen dieselben nicht auf Kosten der G. d. neuesten Zeit geschehen, sondern es ist dann ein späterer Ausgangspunkt für die Geschichtserzählung zu wählen.

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Für die höheren Schulen endlich sollen folgende Bestimmungen gelten: 1. Der Unterricht in der vaterl. G. ist ebenfalls bis zum Regierungsantritt d. Kaisers durchzuführen und von der Zeit d. grossen Kurfürsten ab gegen seinen bisherigen Umfang zu erweitern. 2. Die wichtigeren Thatsachen sind schon in den mittleren Classen d. höheren Lehranstalten vorzuführen. In dem G.-Unterricht ist die Entwicklung unserer socialen und wirthschaftl. Verhältnisse, insb. vom Beginn dieses Jahrh. bis zur gegenw. socialpolit. Gesetzgebung (Alters- und Invalidenversorgung 1889) darzustellen. 4. Diese Unterweisung ist in der ersten Classe der Vollanstalten ausführlicher zu gestalten. Die Belehrung über die Verderblichkeit der Socialdemokratie hat hierbei, ohne in eine Erörterung der socialist. Theorien einzutreten, an der Hand des gesunden Menschenverstandes zu erfolgen. Die Unmöglichkeit der socialdemokrat. Bestrebungen ist an den positiven Zielen der Socialdemokratie nachzuweisen und für jugendliche Gemüther fasslich zu gestalten. 5. In Folge dieser Ausdehnung des G.-Unterrichts wird der anderweitige Lehrstoff der G. entsprechend vermindert. 6. Die geschichtl. Lehr- und Hilfsbücher sind durch den entsprechenden Lehrstoff seitens geeigneter Schulmänner und Gelehrter zu ergänzen. – Es soll dann ferner noch „auf Durchführung d. Grundsatzes, dass die G. u. Literatur nicht formell u. gedächtnissmässig, sondern inhaltlich u. ethisch erläutert werde“, mit Nachdruck hingewirkt werden; die Prüfungsordnung für Candidaten d. höheren Schulwesens ist entsprechend zu revidiren u. auch bei d. prakt. Vorbildung d. Lehrer auf diese Anordnungen besondere Rücksicht zu nehmen.

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Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1890, Seite 403. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1890_04_403.jpg&oldid=- (Version vom 15.12.2022)