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sprengte er mit verhängtem Zügel zu, feuerte ein Pistol ab und jagte im Galopp davon. Der Auftritt machte viel Sensazion.

Das Publikum zerbrach und zerbricht sich noch die Köpfe über Schills Expedizion. Der grösste Theil glaubt nicht, dass sie ohne stille Genehmigung geschehen sey, und da die That zu sehr Schwäche der höchsten Gewalt und fast Anarchie bezeichnet, so scheint es vor der Hand minder gefährlich, diesen Glauben stillschweigend zu unterhalten. Allgemein verspricht man sich viel davon und wünscht dem kühnen Schill Glück.

Es sind ihm in diesen Tagen mehrere Offiziere, einige Referendarien und junge Kaufleute gefolgt. Man versichert mich, dass über 20 Feldjäger ihm nachgegangen seien. Die Bewegung unter den Truppen äussert sich vorzüglich in dem Leibregiment; es haben mehrere Offiziere ihren Abschied gefordert.“

An demselben Tage, an welchem Gruner dies an Dohna berichtete, schreibt er an Altenstein[1]: Doppelt schwierig sei es für ihn sich das öffentliche Vertrauen zu sichern in einem Augenblicke, „wo äussere und innere Verhältnisse sich zusammen drängen, um die Lage des Staates und der Hauptstadt in die gefahrvollste Verwicklung zu bringen und die Leidenschaft überall den Zügel schiessen lässt. Euer Excellenz wissen bereits die neuesten hiesigen Vorfälle. Ihre Wirkungen dauern fort. Das Leib Infanterie Regiment ist wankend und von der ganzen hiesigen Garnison kann ich in Nothfällen nur auf die Jäger und das Grenadier Bataillon mit Bestimmtheit rechnen.

Die Stimmung des Publikums lässt tägliche Ausbrüche gegen die französische Gesandtschaft besorgen. Ich thue dagegen was ich kann und werde es gewiss zu keinem Excess kommen lassen. Mit Strenge zu verfahren wage ich indess auch nicht, weil es ungewiss ist, wohin unser politisches System sich entscheiden wird und weil es nachtheilig seyn könnte, die enthusiastische Stimmung mit Gewalt unterdrücken zu wollen.“

Schon am folgenden Tage, dem 3. Mai, berichtete Gruner abermals an Dohna. Galt es doch den Minister von einem unerhörten Vorfall in Kenntniss zu setzen. „Die Bewegungen unter dem Militär dauern fort. Von dem dem Leib Infanterie Regiment einverleibten leichten Bataillon, ehemals von Schill, sind in verwichener Nacht 2 Kompagnien dersertiert. Die beiden andern haben (sagt man) heute Morgen auf dem Alexanderplatz den Gehorsam aufgekündigt und nur mit vieler Mühe durch den Herrn General Lieutenant Grafen v. Tauentzien aus einander gebracht werden können. Sie fürchteten

  1. Geheim. Staatsarchiv Rep. 92 v. Altenstein B Nr. 47.
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1890, Seite 122. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1890_04_122.jpg&oldid=- (Version vom 18.10.2022)