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beiden Listen genannten Persönlichkeiten werden wir im Folgenden mehrfach zurückzukommen haben.

Am frühesten, etwa 1380 finden wir den Inquisitor Martinus von Prag auf Baierischem Boden gegen die dortigen Waldenser in Thätigkeit. Die früher erwähnten Verfolgungen der Secte im letzten Drittel des 13. Jahrhunderts hatten demnach dieselbe nicht auszurotten vermocht. In den Regensburger Synodalstatuten von 1377 finden sich Strafbestimmungen sowohl gegen die Begharden und die damals im Baierischen sich ausbreitende pantheistische Secte des freien Geistes, als auch gegen Ketzereien überhaupt; die besondere Warnung vor der als „Consolatio“ bezeichneten Handauflegung der Häretiker scheint auf die Waldenser hinzuweisen[1]. Am 17. Juli 1378 ist alsdann der Domdechant Heinrich als Inquisitor für die Diöcese Regensburg mit sehr weitgehenden Vollmachten aufgestellt worden[2]. Unter anderem verurtheilte dieser eine gewisse Weissenburgerin und eine Gred Altheimerin mit ihren Töchtern zum Scheiterhaufen; einer Nittenauerin – ich erinnere an die Nittenauer Waldenser von c. 1265 – wurde 1384 das gleiche Urtheil gesprochen[3]. Um diese Zeit wurde der Domdechant Heinrich in seinem Amt als Inquisitor durch Martinus von Prag abgelöst, wie wir dies aus den folgenden Angaben des in den Strassburger Waldenserprocess von 1400 verwickelten Webers Borschön von Dillingen[4] entnehmen: „Es ist

  1. Mon. Boica XV, 611: item prohibemus consolationem manus impositionem ab hereticis ne aliquis recipiat. An Katharer kann bei der Stelle selbstverständlich nicht gedacht werden; auch die Piemontesischen Waldenser von 1387 wusste man zum Geständniss zu bringen, dass sie eine Art von Abendmahlsfeier, die der Inquisitor „Consolamentum" nennt, zu begehen pflegten. (Archivio stor. ital. Ser. III T. I, 2; 21 etc.) Ueber die Handauflegung der Waldenser vgl. meine Schrift „Die Deutsche Bibelübersetzung der mittelalterlichen Waldenser“ S. 7 Anm. 1 und Müller, Die Waldenser S. 120.
  2. Lang, Regesta Boica 10, 15.
  3. Gemeiner, Regensburgische Chronik II, 187; 209 Anm. Weissenburger Waldenser werden noch zwischen 1448 und 1458 verfolgt; vgl. Husit. Propaganda im Hist. Taschenb. 6. Folge VII, 286. Meine Hoffnung, in Gemeiner’s Nachlass, den ich im Reichsarchiv zu München benutzen konnte, weitere Aufschlüsse über die Ketzerverfolgungen dieser Zeit zu finden, ist leider nicht erfüllt worden.
  4. Röhrich, Mittheilungen aus der evangel. Kirche des Elsasses I, 63 vgl. 47.
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1890, Seite 348. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1890_03_348.jpg&oldid=- (Version vom 31.10.2022)