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Unter solchen Umständen wird man es verstehen können, wenn Friedrich bei der Nachricht von dem missglückten Stockholmer Staatsstreich (21./22. Juni 1756), „der funeste cannibalique, so dorten von Neuem passiret“[1], von lebhaftem Zorn gegen seine Schwester ergriffen wurde, der er wenigstens die indirecte Schuld an der Verschwörung beimass. Die Briefe an Wilhelmine von Baireuth[2] und die Berichte Wulfwenstiernas[3] geben uns ein klares Bild von seiner Stimmung. Zunächst scheint er die verzweiflungsvollen Schreiben Ulrikens völlig mit Stillschweigen übergangen zu haben. Erst bei den Nachrichten seines Gesandten über das brutale Benehmen der „machthabenden“ Reichsstände gegen die Königin[4] regte sich in seinem Herzen von Neuem die Geschwisterliebe. In einem Briefe vom 31. Juli beschwor er sie in flehentlichen Worten, ihre Gegner durch mildes, freundliches Wesen zu entwaffnen; er selbst vermöge ihr keinen Beistand zu leisten, da seine Lage eine äusserst kritische sei[5]. Rückhaltsloser und unumwundener vermochte er seine Situation nicht zu schildern, wie die Ereignisse der nächsten Wochen beweisen sollten.

Friedrich hatte gehofft, Schweden werde eine, wenn nicht preussenfreundliche, so doch wenigstens streng neutrale Haltung beobachten und sich von der im Reichsrathe dominirenden „clique autrichienne“ nicht umgarnen lassen[6], eine Hoffnung, in welcher ihn die Berichte seines Gesandten über die friedliche, in Wahrheit

  1. Polit. Corr. XIII, 26.
  2. Oeuvres de Frédéric le Grand. XXVII, 1, S. 288–89.
  3. W. meldet aus Berlin 10. Juli, Podewils habe von der Befürchtung gesprochen, „welche diese Nachricht hier verursacht und wie sein königlicher Herr nichts sehnlicher wünsche, als die schwedischen Reichsgrundgesetze befestigt und die Freiheit der Nation trotz aller gegnerischen Versuche aufrecht erhalten zu sehen“ (d. Original in schwed. Sprache). Ferner heisst es Berlin 13. Juli, Friedrich habe in Gegenwart des Marschalls Schwerin und einiger anderer Persönlichkeiten sich in ähnlicher Weise geäussert. Beide Berichte im Stockh. Reichsarch.
  4. Vergl. Polit. Corr. XIII passim u. meine Darstellung l. c. S. 72–97.
  5. Polit. Corr. XIII, 154 u. 155.
  6. Friedrich an Solms 13. Febr. 1757: „Pour ce qui concerne la Suède, je ne crois pas avoir lieu d’en rien appréhender ni d’en rien espérer, la situation actuelle des affaires de ce royaume ne lui permettant guère de rien faire ni contre moi ni en ma faveur.“ Polit. Corr. XIV, 270; vergl. S. 372.
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1889, Seite 418. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1889_02_418.jpg&oldid=- (Version vom 7.9.2022)