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man in Florenz auch war, so wenig radical verfuhr man hier. Wenigstens jetzt noch nicht. Die bestehenden constitutionellen Factoren wurden keineswegs beseitigt und sofort durch neue ersetzt. Zeigten sich in der Staatsmaschine Fehler, so riss man das vorhandene Räderwerk nicht weg, sondern schob zwischen dasselbe ein neues Element ein, welches die Reibungen des alten verhindern und die Gangart der Maschine ausgleichen und regeln sollte. Dadurch entstand freilich eine sehr zusammengesetzte und schwerfällige Staatsmaschine; doch wusste man ihren Betrieb dadurch wieder zu beschleunigen, dass man die Sitzungen der verschiedenen Räthe in ein und dasselbe Gebäude und ziemlich auf dieselbe Zeit verlegte. Aus der Kapelle einer Kirche, in der dieser Rath Beschluss gefasst hatte, kam die Proposition in Dringlichkeitsfällen an den anderen Rath, der in derselben Kirche, aber in einem zweiten Raume tagte, und so konnte man doch ziemlich rasch fertig werden. Von der grössten Wichtigkeit war es jedoch, wer eine Proposition zuerst zu berathen hatte. Da der Volksrath dem des Podestà jetzt voranging, so hatte jener also die Initiative in den wichtigsten Staatsangelegenheiten. Ohne ihn konnte keine wichtige Angelegenheit und keine Ausgabe beschlossen werden. Diese nacheinander Beschlüsse fassenden Räthe, von denen der erste aus den Zunftvorständen und Vertrauensmännern, der Credenza, bestand, denen dann der grosse Rath des Capitano, der 190 Köpfe zählte, folgte, und der kleine und grosse Rath des Podestà, welcher 300 Mitglieder hatte, bildeten in ihrer Gesammtheit die sogenannten consigli opportuni, d. h. die Gesammtheit der constitutionellen Körperschaften. Die Erledigung wichtiger Fragen, die Besetzung der Aemter aller Art u. s. w. musste durch sie erfolgen[1]. In grossen

  1. Da hier keineswegs beabsichtigt wird, eine Verfassungsgeschichte von Florenz zu geben, so sehe ich davon ab, die Ansichten anderer über die viel umstrittenen Verfassungsfragen wiederzugeben. Wer sich ein ungefähres Bild von der Verwirrung, die auf diesem Gebiete herrscht, machen will, kann die drollige Zusammenstellung, die Perrens II, 94 gibt, ansehen. Da, so viel ich weiss, keine Urkunde aus dem Jahre 1267 vorhanden ist, welche den ganzen Verfassungsapparat in Thätigkeit zeigt, und Villani in allen Verfassungsfragen, die vor seiner Zeit liegen, ungenau ist, wird man schwer zu ganz festen Ansätzen kommen, namentlich da in dieser Zeit in Florenz alles in stetem Flusse war. Den Namen der Gesammtheit der Räthe: Consigli opportuni hat uns Villani VII, 16 aufbewahrt. Er
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1889, Seite 41. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1889_02_041.jpg&oldid=- (Version vom 3.11.2022)