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von ihnen irgend genaue Kenntniss gehabt? Nun stehen ja freilich derartige literarische Productionen auf einem wesentlich anderen Boden als eine wichtige Staatsschrift, wie die Hannart ertheilte Instruction. Sollen wir uns vorstellen, der Kaiser habe ein Actenstück von dieser Bedeutung unterzeichnen können, ohne von seinem Inhalt Kenntniss genommen zu haben, so müssen wir, scheint’s, unsere Meinung von seiner politischen Thätigkeit und Selbständigkeit beträchtlich herabstimmen. Und doch liegt die Sache wohl etwas anders. Nach dem, was wir von Hannart’s Instruction wissen, war sie ein höchst weitläufiges Actenstück, das sich fast über den gesammten Umfang der europäischen Politik erstreckte, die englischen, niederländischen, dänischen, polnischen Angelegenheiten ebenso behandelte, wie die deutschen. Die Redaction einer derartigen Weisung konnte kaum in allen Einzelheiten durch den Kaiser bestimmt, noch weniger ihre wirkliche Abfassung von ihm controlirt werden. Es war schon viel, wenn er mit seinen Räthen die wichtigsten Punkte im Allgemeinen feststellte; die Ausführung im Einzelnen musste er ihnen überlassen. Wenn der Kaiser Ende Juni 1525 seinem Bruder schreibt: Quant au fait de Hannart, je ne lay bien entendu a cause de la maladie que lors javoye, so sehe ich darin das Zugeständniss Karl’s, er habe allerdings den anstössigen Auftrag ertheilt, aber Krankheits wegen die Tragweite desselben nicht wohl übersehen können. – Diese Entschuldigung würde freilich nicht ganz mit den Thatsachen stimmen, (so viel wir wissen, befand sich der Kaiser im August und September 1523 sehr wohl, erst ein Jahr später wurde er von anhaltendem Unwohlsein heimgesucht), aber das ist ja sehr oft die Art der Entschuldigungen.

Allerdings bleiben auch so der Seltsamkeiten genug übrig, vor Allem der Appell an den Kurfürsten von Sachsen nahezu unbegreiflich. Aber darf man sich darüber wundern, dass aus einer höchst abnormen und irrationellen Situation eine Menge der wunderlichsten Handlungen hervorgingen? Würde es nicht in Wahrheit viel überraschender sein, wenn das unmögliche Unternehmen, die deutschen Dinge von Spanien aus zu leiten, ohne die erstaunlichsten Verstösse gegen die Natur der Dinge abgelaufen wäre? Liess sich etwas Sinnwidrigeres denken, als im August oder September 1523 in Toledo feststellen zu wollen, was Hannart im Februar oder März 1524 in Nürnberg und noch

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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1889, Seite 14. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1889_02_014.jpg&oldid=- (Version vom 22.11.2022)